AVM-1 (???-1) „Podvodnik“ - Sowjetischer Lungenautomat Von Hans Joachim Richter Auf der Basis des Schlauchtauchgerätes SLV-55 und sorgfältig analysierter zweier 1955 im Westen gekaufter Lizenzbauten des französischen CG 45 (Siebe und AGA) entwickelten die Ingenieure A. Soldatenkov und Yu. Kitaev 1957 eine eigene Konstruktion eines zweistufigen Zweischlauch-Lungenautomaten, den AVM-1. Seine beiden Stufen sind membrangesteuert, die erste Stufe öffnet mit, die zweite gegen den Druck. Das aus einem Blech- und einem Gussteil genietete Grundgehäuse besteht aus Messing. Der Gehäusedeckel sowie alle mechanischen Teile und Verbindungselemente wurden aus amagnetischem Stahl gefertigt. Wie in der Sowjetunion üblich verbirgt sich unter der Bezeichnung AVM-1 ein komplettes Tauchgerät, ursprünglich ein zwei-Flaschen-Tauchgerät mit jeweils 10-l-Flascheninhalt und einem Vorratsdruck von 150 bar. Im Laufe von über 25 Jahren Produktion wurden dieses Gerät und auch der Automat einer dauernden Modellpflege unterworfen. Die letzten Geräte (Produktion aus den 80er Jahren) hatten einen Vorratsdruck von 200 bar, es gab auch Geräte mit 2 Flaschen zu je 7 l. Zeichnung aus dem „Handbuch für Schwimmer und Taucher“ (Moskau 1977) Von 1959 an finden sich diese Geräte in allen militärischen und zivilen Tauchinstitutionen der Sowjetunion. Ein Export, vornehmlich in die Länder des ehemaligen Warschauer Paktes (Warschauer Vertrag 1955 bis 1991), hat ebenfalls stattgefunden. Nach GOST, der sowjetischen Industrie-Norm, war der AVM-1 für Tauchtiefen bis 50 m zugelassen und uneingeschränkt kaltwassertauglich. Eigentlich sollte der AVM-1 in der 2. Hälfte der 70er Jahre durch die Einschlauch-Regler AVM-5/-7 ersetzt werden. Diese glänzten aber durch Einfrieren und Ausbrüche am Kunststoffgehäuse der zweiten Stufe. Als Folge wurde der AVM-1 bis Mitte der 80er Jahre produziert und bis nach der Jahrtausendwende im zivilen und militärischen Tauchdienst eingesetzt. Er gilt als sehr zuverlässig, robust und einfach zu warten. Funktion des Lungenautomaten Beim Einatmen entsteht im unteren Gehäuse (6) Unterdruck. Die Membran der ersten Stufe wölbt sich nach oben und ein Kniehebel gibt das Hochdruckventil (11) frei. Luft strömt über den Einlassstutzen (9) ein. Gleichzeitig wölbt sich die Membran der zweiten Stufe (3) nach unten. Über Hebel (2,5) wird das Niederdruckventil (8) geöffnet. Luft kann in das untere Gehäuse einströmen. Nach erfolgtem Druckausgleich (Ende des Einatemvorgangs) werden beide Ventile durch Federdruck wieder geschlossen. Zeichnung aus „Handbuch für Taucher“ (Moskau 1973) Im Forum der HTG tauchte zu der Zeichnung folgende Frage auf: Die erste Stufe gibt Rätsel auf. . . Sie scheint mit dem Druck zu öffnen, daher auch das Überdruckventil. Über der Mitteldruckmembran ist keine Druckfeder zu sehen. Wird der Gegendruck zum Mitteldruck über eine Tellerfeder aufgebaut? Unser Autor antwortete: Der Gegendruck zur Membran der ersten Stufe wird über die vor dem Sicherheitsventil liegende Feder, auf der Schnittzeichnung oberhalb der Zahl "11" zu sehen, aufgebaut. Dazu ist eine Kraftumlenkung um 90 Grad erforderlich. Dies wird durch einen aus der Schnittzeichnung nur schwer erkennbaren Umlenkhebel realisiert. Auf der "Schraube" mit Teller wird die Membran befestigt, in die kegelförmige Aussparung greift ein Kegel ein, über den der Druck der Feder übertragen wird. Mein AVM-1 hat kein normales Mundstück. Die Ventilbox dient als Verbindungsstück zu Tauchanzügen der Typen UGK bzw. GK. Diese war ursprünglich von einem AVM-3, wurde aber auch bei neueren Produktionen des AVM-1 und anderen Tauchgeräten verwendet. 2018 konnte ich eine Original-Ventilbox erwerben und habe entsprechend umgerüstet Automat mit DIN-Anschluss Mein Lungenautomat stammt aus einer 80er-Jahre-Produktion und wurde ca. 30 Jahre lang vermutlich im Tauchdienst des Rettungsdienstes OSVOD (Wasserrettung in Russland und Weißrussland) eingesetzt. Anfang 2017 konnte ich ihn über ebay von einem ukrainischen Verkäufer erwerben. Ventilboxen Ich erhielt ein „gut gebrauchtes“, aber funktionsfähiges Exemplar. Mit viel Zeit, Arbeit und einigen neuwertigen Ersatzteilen wurde er komplett überholt und hat inzwischen einige Tauchgänge bis 11 m Tiefe erfolgreich absolviert. Tauchgang in Fahrens Odde, Flensburg, 15.06.2019 Quellen: - „Handbuch für Taucher“ Moskau 1973 - „Handbuch für Schwimmer und Taucher“ Moskau 1977 - 1959 t1p.de/xc7o - 1963 t1p.de/pd37 - UGK 1 Dive 150619 Part 2 t1p.de/mrtm Dieser Artikel wird demnächst ergänzt durch eine Beschreibung der Demontage und Wartung des AVM-1.