Der DECO–TIMER DT-2 und seine Historie Von Pavel Gross, HDS Tschechien Bis in die erste Hälfte der sechziger Jahre wurde die Dekompression beim Tauchen nach Dekompressionstabellen durchgeführt. Für Tauchprofile mit variierender Tiefe konnte man die Tabellen aber praktisch nicht gebrauchen. Dieses Problem ist mit grossem Erfolg der italienische Erfinder Carlo Alinari angegangen. Er hat sich im Jahr 1960 ein analoges „Decompressiometer“ patentieren lassen (CH373979), siehe Artikel [Ey] in diesem Heft. Das Prínzip des Gerätes war genial: In einem weichen elastischen Beutel ist Luft unter dem hydrostatischen Druck des umgebenden Wassers eingeschlossen. Diese Luft diffundiert durch den zunehmenden Druck beim Abtauchen durch ein Keramik Element in eine feste Kammer, welche am Anfang des Abtauchens auch Luft unter atmosphärischen Druck beinhaltet. In der festen Kammer steigt deshalb langsam der Druck während des Abtauchens und wird mit einem Manometer gemessen, dass mit einer Dekompression-Skala versehen ist. Die Sättigung der Körpergewebe des Tauchers mit Stickstoff verläuft dabei nach einer exponentiellen Kurve. Beim Aufstieg des Tauchers zur Wasser-Oberfläche sinkt der Druck in der festen Kammer wieder, da die Luft zurück in den elastische Beutel diffundiert, wo der Druck entsprechend der Tiefe sinkt. Der Taucher verfolgt den rücklaufenden Zeiger des Manometers, welcher sich vorbei an den Dekompression- Feldern der Skala bewegt, die mit Deko-Stopps 15, 12, 9, 6 und 3 Meter bezeichnet sind. Der Taucher verbleibt auf jeder dieser Deko-Stufen so lange, bis der Zeiger diese Tiefe verlässt und in die nächste, niedrigere eintritt. Die exponentielle Kurve des „Decompressiometers“ wurde entsprechend des Mittelwertes der Halbwertszeiten aller relevanten Gewebe des Tauchers gewählt, welche beim Sporttauchen in Frage kommen. Es wurden übrigens auch Messgeräte für professionelle Zwecke hergestellt, welche für mehrere Halbwertszeiten konzipiert waren und aus mehreren parallel geschalteten Geräten bestanden, jedes für ein typisches Gewebe. Dieses einfache und zuverlässige Gerät hat die Firma SOS in Turin, Italien, bis in die achtziger Jahre hergestellt und mit Erfolg in der ganzen Welt verkauft. Es war im Laufe von gut 20 Jahren das einzige Gerät, das überall zu kaufen und unter Sporttauchern sehr beliebt war. Viele spätere Studien, die das SOS „Decompressiometer“ mit modernen elektronischen Tauchcomputern verglichen haben, siehe auch [Ey], zeigten überraschende Übereinstimmungen der Angaben, welche manchmal besser waren als die Streuung der Werte zwischen Erzeugnissen der verschiedenen Computer-Hersteller. Ich habe das „Dekompressiometer“ ab Mitte der sechziger Jahre verwendet. In den siebziger Jahren haben wir häufig, mit meiner Frau Liba und Kollegen aus der Tauchbasis „Subex“ in Elba, tiefe und lange Tauchgänge damit gemacht. Während dieser Tauchgänge gab es oft Probleme mit der richtigen Abschätzung eines angemessenen Druckluft-Vorrates für die Durchführung der uns gerade bevorstehenden Dekompression. Meistens war es so, dass wir aufgetaucht sind und hatten noch überflüssige Restluft in den Flaschen, da wir beim Planen des Tauchgangs kein Risiko eingehen wollten und lieber eine großzügige Reserve vorgesehen haben. Man konnte sich aber auch leicht verschätzen, mit unangenehmen Folgen. In der Zeit um 1980 habe ich die Idee gehabt, ein Messgerät zu bauen, welches die Funktion des „Decompressiometers“ erweitern würde, dass es auch die für die Durchführung der Dekompression notwendige Menge Reserve-Luft anzeigt. Unser Prototyp So ein Gerät würde dann mit einem Hochdruck- Schlauch zwische Flaschenventil und erster Reglerstufe des Tauchgerätes angeschlossen, wie ein Finimeter. Mit der Absicht, die Eigenschaften des SOS-Gerätes besser kennenzulernen, habe ich eine Serie simulierter Tauchgänge in einer kleinen Druckkammer durchgeführt und Messungen gemacht. Als Resultat erhielt ich den Zeitverlauf der Dekompressionen, welcher parallel zu der Skala des „Decompressiometers“ angeordnet werden konnte. Nun war es klar, dass aus diesem Zeitverlauf eine ihm zugeordnete Druckluft-Skala berechnet werden kann. Das Zusatz- Gerät war realisierbar. Bei der Testreihe auf Elba hat sich der Prototyp bewährt. Voll Begeisterung kehrte ich zurück in die Schweiz, wo wir als tschechische Flüchtlinge gelebt haben, und kündigte meinen Erfolg meinem Mitarbeiter und Freund Jaroslav Kohout an. In dieser Zeit hatten wir beide bereits unsere gemeinsame Firma „Underwater Systems AG“ gegründet, welche sich hauptsächlich mit der Entwicklung und Herstellung von kleinen Arbeitstauchbooten befasste, und gerade das Tauchboot „GEO“ für deutsche Wissenschaftler abgeliefert hatte [Se]. Da der Verkauf der Tauchboote sehr unregelmässig war, haben wir nach zusätzlichen Tätigkeitsfeldern gesucht. Der Prototyp von dem „Deco-Timer“, wie wir ihn genannt haben, weckte deshalb unser Interesse. Wir hielten dieses Gerät für genügend interessant, dass wir uns nach Möglichkeiten der Realisierung umschauen wollten. Am natürlichsten in dieser Situation war, uns mit der Firma SOS in Verbindung zu setzen. Der Direktor von SOS schien sich für die Sache zu interessieren, und ich machte mich auf den Weg nach Turin. Ich musste die Patentschrift zeigen [Gr/Ko], und alles gründlich beschreiben. Chefingenieur Vittorio de Santis hat sich über jedes Detail informieren lassen, und ich fühlte mich wie bei der Abitur-Prüfung. Am Ende der Besprechung wollte der Direktor vom seinem Ingenieur seine Meinung hören. „Si Signore, das Ding wird funktionieren“ lautete seine Antwort. Wir haben abgemacht, dass wir für SOS unser Gerät liefern, und sie werden damit ihr „Decompressiometer“ komplettieren, und die ganze Welt beliefern. Es hatte aber einen Haken. Der Prototyp war für das SOS-Gerät mit runder Skala konzipiert. Dieses Gerät wurde aber bei SOS schrittweise durch ein Gerät mit linearer Skala ersetzt. Und so musste alles umgebaut werden. Jaro Kohout kam mit dem Vorschlag, dass wir die Mechanik des Manometers nicht von Zulieferern kaufen und stattdessen ein als Schraubenfeder gewickeltes Bourdon- Rohr nehmen könnten, welches diese Mechanik ersetzen würde. Es hat sich aber gezeigt, dass dies auch nicht problemlos war. Die ersten gewickelten Stücke haben sich nämlich nach der Kompression auf 200 bar nicht zur Ausgangslage zurückgedreht. Das Messgerät hat also nicht wieder die Null-Lage erreicht. Das war eine Katastrophe! Wir haben lange nachgedacht, in der Fachliteratur gesucht und getestet. Zuletzt haben wir entdeckt, dass es nötig ist, die fertig gewickelten Teile bei einer Temperatur von 625 Grad Celsius etwa 4-5 Stunden lang zu erhitzen, um die inneren Spannungen zu verkleinern. Danach war alles in Ordnung.Das Geschäft ist angelaufen, und SOS bestellte regelmässig tausende von unseren Geräten und lieferte diese in einer Einheit mit ihrem Gerät in die ganze Welt. Wir haben Tage und Nächte lang in unserer Garage gearbeitet, wie Charlie Chaplin in dem Film „Twentieth Century“. Zuletzt haben wir alle Investitionen zurückbezahlt und begannen, langsam etwas zu verdienen. Nach einigen Jahren, mit den ersten digitalen Tauchcomputern, ist unsere Produktion aber langsam zurückgegangen. Wir haben daran nicht viel verdient, es blieb uns aber ein gutes Gefühl, zur Entwicklung der Tauchcomputer unseren Beitrag geleistet zu haben. Quellen: [Ey] Eyme, St., D.C.P. - Dekompressiometer von SOS, in diesem Heft [Gr] Gross, P., Flyer zum Deco-Timer 2, t1p.de/hvcp [Gr/Ko] Gross/Kohut, Pat. us4400977, 1981, t1p.de/wacj [Se] Seveke, L.: Das Forschungs-U-Boot GEO, TH08, S. 64, t1p.de/91q1 [Se2] Seveke, L.: Entwicklung des Tauchcomputers, t1p.de/u9cc