Ausatemventile von 2-Schlauch-Automaten Von Dr. Lothar Seveke In Tauchgeräten mit offenem Kreislauf ist das Ausatemventil die Schnittstelle des Luftkreislaufes zum umgebenden Wasser. Es soll das Eindringen von Wasser in den Kreislauf zuverlässig verhindern und das Ausblasen der Ausatemluft mit möglichst geringem Widerstand zulassen. Neben der Bauform des Ventils bestimmen aber vor allem die Druckverhältnisse, die aus der Lage des Ventils zur Reglermembran resultieren, diesen Widerstand. Die Idee von Gagnan/Cousteau, das Ventil in unmittelbarer Nähe und mit möglichst lageunabhängigen Druckunterschied zur Reglermembran/ Lungenmittelpunkt zu positionieren, war entscheidend für die Erfindung des ersten gut nutzbaren Tauchreglers, was sich auch im Anspruch ihres ersten Patentes widerspiegelte. Der bedarfsgesteuerte Regler war an sich längst erfunden, aber seine optimale Nutzbarkeit zum Tauchen wurde erst durch diese Erfindung ermöglicht. Der Erfindungsanspruch auf diese "Kleinigkeit" wurde deshalb auch von AirLiquide/La Spirotechnique mit Zähnen und Klauen verteidigt, was Nacherfinder wie Siebe/Gorman oder Ted Eldred vor die schwierige Aufgabe stellte, diese Idee zu umgehen. Wenn man dessen oder der Rechtsstreits müde war, konnte man natürlich auch eine Lizenz bei La Spirotechnique kaufen, wie später Siebe/Gorman. Es gab auch Fälle, dass Urteile zugunsten der neuen Erfinder ausgingen, wie die von Nemrod und Seamless, warum auch immer. Sehr interessante Umgehungslösungen haben sich Heinke mit seinen Doppelhörnern (Bild 68) und Pirelli am Explorer (Bild 74) einfallen lassen, auf die unten noch eingegangen wird. Es gibt verschiedene Bauformen für die Ausatemventile. Die meist verwendete ist wohl das sogenannte Entenschnabel-Ventil (duckbill valve) und das Scheibenventil, auch Flatterventil genannt. Bild 05: Grundtypen von Ausatemventilen Sie können gleichberechtigt eingesetzt werden, wobei mögliche Abmessungen und Gestalt im/am Gehäuse meist die Entscheidung bestimmen. Der Ausatemwiderstand ist in der Regel beim Entenschnabel geringer, da der Luftstrom wenige verwirbelt wird. Bei Zwischenformen wie dem Dugbill-Eliminator wird der Unterschied durch die Flachstellung des großen Scheibenventils etwas gemildert. Beide Formen wurden auch in der geschichtlichen Entwicklung von Tauchgeräten eingesetzt, beim schweren Tauchen, bei Kreislaufgeräten, bei Ein- und Zweischlauch-Reglern. Hier sollen die letzteren im Vordergrund stehen. Der dritte im Bild gezeigte Grundtyp, die Klapp-Membran, kenne ich nur von einigen Einschlauchreglern, zum Beispiel dem Pilot von Scubapro. Das spielt hier weiter keine Rolle. Das Entenschnabel-Ventil Beim Entenschnabel-Ventil werden zwei Flachmembranen aus einer Richtung von der Luft durchströmt, was die Flächen auseinander drückt. Wenn dagegen Unterdruck herrscht, werden die beiden Flächen aufeinander gezogen und verschließen die Öffnung. Bild 10: Grundtyp Entenschnabel-Ventil (Doppelscheiben-Flatterventil) Dieser Grundtyp wird schon sehr lange für die Schnittstellen Gas-Flüssigkeit bzw. auch Gas-Gas eingesetzt, heute auch breit z. B. in der Medizin- und Lebensmitteltechnik, überall dort, wo Volumenströme mit relativ geringem Druckunterschied nur in eine Richtung gehen sollen. Sie wurden früher aus Gummi oder Latex hergestellt und heute aus Silikon, dank 3D-Druck auch in sehr komplizierten Formen. Das Ausatemventil war in der Erfindungsphase von Leichttauchgeräten ein leistungsrelevantes Teil des Tauchreglers. Der Regler an sich, zumindest die erste Stufe, war ein mehr oder minder großer Gasregler mit Vorbild aus der Industrie entsprechend dem Stand der Technik, fast ohne Bedeutung für die Qualität der Erfindung. Unter Wasser wurde der bedarfsgeregelte Luftstrom entweder über einen Schlauch zum Mund geführt (CG45), oder der Regler befand sich direkt vor dem Mund (ORCO-Mask). Aber die Ausatemluft konnte nicht einfach so irgendwo heraus geblasen werden wie an der Luft, z.B. bei Atemschutzgeräten, sondern das musste im Wasser an einem Punkt geschehen, an dem etwa der gleiche Druck herrschte, wie im Lungenmittelpunkt des Tauchers. Sonst strömte die Luft entweder ständig ab, oder der Taucher brauchte viel Kraft zum Ausblasen. Vor Gagnans Erfindung bzw. danach zur Patentumgehung gab es andere mehr oder minder gut funktionierende Lösungen, z.B. bei Commeinhes und auch Le Prieur, die ein Tellerventil zum Ausatmen in die Vollgesichtsmaske setzten, wo es immer einigermaßen um die Isobare zum Lungenmittelpunkt lag. Das Ventil ließ sich manuell einfach verstellen, wenn z.B. bei Arbeiten die Schwimmlage längere Zeit senkrecht war. Der Erfinder Georges Commeinhes löste dann das Problem schon so, dass er das Ausatem-Scheiben-Ventil im Regler unmittelbar neben der Membran (hier Faltenbalg) positionierte (siehe Bild12) und so das Gagnan-Patent eigentlich vorweg nahm. Er hatte dies aber in seinem Patent nicht explizit in einem Anspruch ausgedrückt, und so konnten Air Liquide und Cousteau ein Bild 12: Ausatem-Scheiben-Ventil in einem Tauchregler (Pendelatmer) von Commeinhes (Patent 05) Jahr später ihr wichtiges Patent dazu durchbringen. Dies war sicher auch den Wirren am Ende des II. WK geschuldet und da Commeinhes gefallen war. Die Lösung ist wohl auch nie produziert worden. Der Erfinder Emile Gagnan mit seinem Partner Cousteau brachte ein Jahr später einen Entenschnabel neben der Membran seines modifizierten industriellen Bild 13: Entenschnabel als erfindungsrelevantes Teil im CG43 von Gagnan und Cousteau (Patent 07) Gasreglers an und machte diesen so auch zu einem Tauchregler. Das Entenschnabel-Ventil war aus relativ dünnem Gummi oder Latex, war also relativ empfindlich und wurde deshalb meist geschützt in der Oberschale des Reglertopfes auf einen Stutzen gezogen, auf dessen anderem Ende der Ausatemschlauch steckte. Bild 14: Häufigstes Einbau-Prinzip eines Entenschnabels als Ausatemventil im 2-Schlauch-Regler (hier Saturn) Bild 16: Langer Entenschnabel umgekrempelt auf dem Stutzen für den Ausatemschlauch (USD, MEDI,…) Bild 18: Schema für den umgekrempelten Entenschnabel Oft verwendete man dafür einen Entenschnabel mit einem langen Hals, der in dem Stutzen an das andere Ende geführt und dort nach außen umgekrempelt wurde. Bild 20: Befestigung des Entenschnabels auf einem Stutzen in der Regleroberschale (Dräger Monomat) So konnte er nicht verrutschen und wurde zusätzlich durch den darüber gesteckten Ausatemschlauch fixiert. Man lernte aber schnell, dass man die Faltenschläuche nach einem Tauchgang innen trocknen musste, wenn sich dort, vor allem in wärmeren Ländern, nicht schädliches Leben entwickeln sollte. Zum Trocknen mussten die Schläuche aber möglichst auf beiden Seiten geöffnet werden, wobei der Hals des Entenschnabels jedes Mal störte. Die Hersteller suchten deshalb nach einer Möglichkeit, den Entenschnabel zu fixieren, ohne den Stutzen für den Ausatemschlauch zu belegen. Dräger verlängerte beispielsweise den Schlauchstutzen etwas nach innen, so dass der Entenschnabel mit einer Metallklammer darauf befestigt werden konnte, Bild 20. Bild 22: Befestigung auf einem einsteckbaren Schlauchstutzen (Siebe/Gorman Merlin MK6) Siebe/Gorman wählte ein kurzes Metallrohr das in den Ausatemstutzen der Kunststoff-Oberschale des Reglers gepresst wurde, nachdem in Richtung Innenseite der Entenschnabel befestigt worden war. Auf die freie Außenseite kam wieder der Ausatemschlauch. Bild 24: Befestigung des Entenschnabels auf einem separaten Schlauchstutzen (CG45) La Spirotechnique ging beim CG45 praktisch den gleichen Weg, nur dass der Stutzen nicht eingepresst sondern mit der Metall-Oberschale verschraubt wurde. Aber auch bei einem umgekrempelten Hals des Entenschnabels kann man Lösungen finden. Man bindet zum Beispiel das umgekrempelte Ende hinter der Sicke des Ausatemstutzen mit einem dünnen Garn fest. Dabei ist große Vorsicht geboten, damit man den dünnen Gummi nicht zerschneidet. Bild 26: Abgebundener Entenschnabel-Hals auf dem Ausatemstutzen Bild28: Im Ausatemstutzen mit einer Ringfeder eingeklemmter Entenschnabel-Hals Bild30: Im Ausatemstutzen mit einem Ring eingeklemmter Entenschnabel-Hals Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, den Hals des Entenschnabels soweit zu kürzen, dass er mit dem Ende des Stutzens abschließt. Dann klemmt man eine Ringfeder von innen in den Stutzen. Diese Ringfeder kann man gut aus einem Stück Kunststoffrohr geeigneter Elastizität herstellen, dass man der Länge nach schlitzt. Den gleichen Zweck erfüllt ein Kunststoffring mit einem etwas geringeren Außendurchmesser als dem Innendurchmesser des Schlauchstutzens, den man so in das Ende des Stutzens presst, dass der Hals des Entenschnabels festgehalten wird. Einen mir wegen der Strömungsverhältnisse etwas ungünstig erscheinenden Weg ist der Hersteller Healthways für seinen Scuba-Regler gegangen. Bild32: Extrem kurzer Entenschnabel im Ausatemstutzen des Healthways-Scuba-Reglers Hier wurde ein sehr kurzer Entenschnabel in den Schlauchstutzen für den Ausatemschlauch eingesetzt und dann die Öffnung in die Reglerschale mit einer Kunststoff-Kappe verschlossen. Die Ausatemluft entweicht durch Löcher in der kleinen Kammer, die unter der Kunststoff-Kappe liegt. Die Luft trifft aber auf die Kunststoff-Kappe wie auf eine Prallplatte und wird stark verwirrbelt. Dadurch erhöht sich der Atemwiderstand zusätzlich. Bild34: Entenschnabel vom Inneren des Healthways-Reglers her, ohne die schwarze Schutzkappe In Testkurven aus einer alten Messung von 1970 wurden die Verläufe der Atemwiderstände bei verschiedenen Durchflussmengen von drei Entenschnabel Ventilen und einem Scheibenventil dargestellt (Werte zusätzlich in einer Tabelle). Bild36: Verläufe des Atemwiderstandes verschiedener Tauchgeräte aus DDR- und SU-Produktion Es zeigt sich, dass die Gestaltung des Ausatemventils durchaus Einfluss auf den Atemwiderstand hat. Zwischen dem besten und dem schlechtesten Ventil ergibt sich immerhin ein Unterschied von 40 mmWS (4 mbar). Die Euro Norm 250 erlaubt insgesamt einen maximalen Atemwiderstand von 25 mbar. Bild37: Alternatives Ausatemventil mit Glimmerplatte (IDA71), I im Diagramm Das kurze harte und gerade abgeschlossene Ventil des MEDI713 erbringt die schlechtesten, das lange weiche und keilförmig abgeschlossene des MEDI-Hydromat die besten Werte. Ein etwas abweichendes Verhalten zeigt das Glimmerventil aus dem IDA. Bis etwa 140 l/min ist es dem besten Entenschnabel überlegen, danach öffnet es offensichtlich durch den stärker werdenden Federdruck nicht genügend weiter und wird schlechter als dieses. Bild 38: Entenschnabel des MEDI Hydromat, II im Diagramm Bild 39: Entenschnabel des MEDI 713 (VEB Medizintechnik Leipzig), IV im Diagramm Scheibenventil Scheibenventile, auch Teller-oder Flatter-Ventile genannt, benötigen weniger Platz in der Länge, dafür muss der Querschnitt der Rohre, in denen sie sitzen, genügend Bild42: Verschiedene Formen von Scheibenventilen (links und rot Pilz, rechts Schirm)groß für einen geringen Strömungswiderstand sein. Die meist runden Scheiben aus Gummi oder Silikon liegen auf einem Speichenrad, auch Waggonrad genannt, und haben entweder keine Randverstärkung oder einen Randverstärkungsring (Pilzventile) oder einen abgeschrägten Rand (Schirmventile). Pilz- und Schirmventile fallen durch ihre Randverstärkung (Vorspannung) gut in ihre flache Form zurück und dichten daher schon bei sehr geringen Druckunterschieden. Bild40: Prinzip des Teller-Ventils (Flatterventil) Form und Anzahl der Speichen bestimmen den wirksamen Querschnitt und haben so Einfluss auf den Atemwiderstand [DLive]. Wenige und dünne Speichen ergeben natürlich einen geringeren Widerstand, bergen aber die Gefahr, dass die Ventilscheibe zwischen die Speichen gezogen wird. Laut Euronorm 250 muss die Scheibe bis 80 mbar stabil bleiben. Das erscheint für normales Atmen genügend hoch, kann aber bei fehlerbedingten Druckstößen aus dem Regler durchaus erreicht werden. Dann dringt Wasser in das Mundstück. Der geübte Taucher wird dann den Einatemschlauch am Mundstück abklemmen und stark saugen, so dass die Ventilscheibe wieder herausrutscht. Bild66: Umgeschlagenes Scheibenventil Foto: R. Schmidts, tauchen 2000/03 Ein Stängel in der Mitte der Ventilscheibe, manchmal auch ein Gummihütchen (Hydromat), halten die Scheibe auf dem Speichenrad. Der Stängel hat gegenüber dem Hütchen den Vorteil, dass er beim Öffnen des Ventils noch bis zu einem Anschlag herausrutschen und so das Ventil noch weiter öffnen kann. Bild44: Scheibenventil und Ausatemlöcher im Ausatemstutzen (eines tschechischen AV1) Bild48: Schema des Ausatemventils des Loosco-Eies (Niederlande) Bild52: Scheiben-Ventil im Zentrum der Oberschale des AV2 (CSSR) Bild54: Schema des Ausatemventils des Nemrod Snark III (Spanien) Bild58: Ausatemventil des Mistral von Spirosub (Italien) Bild56: Ausatemventil des Healthways Scuba (USA) Bild60: Nachgerüsteter Duckbill Eliminator in einem USD-Regler Bild62: Ausatemventil des modernen 2-Schlauch- Reglers Argonaut Kraken (VDH) Bild68: Zwei Scheibenventile in "Hörnern" eines Siebe/Gorman-Reglers Bild70: Schema Hornventile am Siebe/Gorman-Regler Bild72: Glimmer-Scheiben-Ventil eines Dräger PA61/2 Bild74: Besonderes Ausatemventil des Pirelli-Explorer (Italien) Bild76: Klappmembran als Ausatemventil an einem Scubapro Air I hochklappende Membran Halteklemme Atemwiderstände von Ausatemventilen Test-Bedingungen Ruhe normal hoch Durchfluss-Menge l/min 142 283 425 Luft-Geschwindigkeit m/s 5,95 11,9 17,8 Test-Ventile mmWS nur Faltenschlauch 0,0 5,1 12,7 ohne Ventil im Reglergehäuse 5,1 20,3 48,3 Silikon-Entenschnabel 30,5 114,3 über 150 Gummi-Entenschnabel 55,9 127,0 Entenschnabel-Eliminator 50,8 127,0 Argonaut-Ventil 25,4 61,0 124,5 Scubapro 109 zum Vergleich 25,4 73,7 127,0 Schlussfolgerung Die Beachtung der Ausatmung bei Eigenbauten, Anpassungen und Reparaturen von Zweischlauchreglern ist schon von gewisser Bedeutung für die Atemqualität. Aber über eine gewisse Qualitätsschwelle hinaus, also ausreichender Durchmesser, genügender Zufluss, vernünftige Lage des Ventils erscheinen die Unterschiede nur noch marginal. Man bemerkt sie bei kurzem testweisem Atmen kaum. Bei längerem Tauchen, vor allem unter starker Belastung , kann das Ausstoßen des Gases aber erheblich belastend werden. Man sollte daher die kleinsten Reserven nutzen, die hier angeboten wurden. Quellen: P05a FR976590 Appareil respiratoire à fonctionnement automatique b CH230369 COMMEINHES, GEORGES, 1942-04-29, 1951-03-20 c CH234304 P07 FR937032 Perfectionnements aux installations pour la respiration des scaphandriers (Lage Ausatemventil) DE974972 Air Liquide & Cousteau, 08.07.1943, 01.03 US2485039 P08 us3062207a- Ausatemventil, Novelli, 1958 t1p.de/gds7g [DLive) Dr. Bob Davidov, Victor Sudakov, Turbulent CO2 Bypass in Rebreather One-Way Valves, DeepLive 2011, t1p.de/t8q9v [Zim] Atembremsen unter der Lupe, Zimmermann, Jörg, POSEIDON 1970/03 t1p.de/9hnnb 1 Ausatemventile TauchHistorie 17 06/2022 TauchHistorie 17 06/2022 Ausatemventile 1