Ergänzungen zum Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe 711 Von Michael Müller Bild02: Kleintauchgerät Dräger 138, aus Dräger-Bedienanleitung Die Ursachen und Randbedingungen für die Entwicklung und Produktion eines Kreislauf-Tauchgerätes bei MEDI wurden im vorigen Beitrag erläutert. Vorbilder wie das Schwimmtauchgerät Modell 138 oder das Kreislauf-TG Leutnant Lund II von 1950 von Dräger waren vorhanden, und mit den Erfahrungen und Teilen aus der Sauerstoff-Retter-Produktion konnte man mit relativ geringem Risiko bei MEDI an die Arbeit gehen. Zu diesen Zeiten des Kalten Krieges interessierte sich sogar die US-Navy für die Nixe. Sie beauftragte 1955 mit dem VD-Brief 588-025/1955 die NEDU (Navy Experimental Diving Unit), das Gerät zu untersuchen (nach [53]). So gibt es ein kurioses Bild "Navy seal mit MEDI-Nixe". In einem 49-seitigen Bericht mit Analysen und Tests kam die NEDU zu dem Ergebnis, dass die Nixe ein interessantes Gerät für das Sporttauchen aber für den militärischen Einsatz ohne weitgehende Umbauten nicht geeignet sei. Bild05: Zusammenfassung des Abschlussberichtes der NEDU Es wurde also, quasi von „höchster Stelle“, bestätigt, dass die Nixe ein ordentliches Gerät war, das seinen gewünschten Zweck erfüllte. Vergleich des Dräger-Kleintauchgerätes 138 mit der MEDI-Nixe Das Dräger Kleintauchgerät 138 wurde vom Drägerwerk in Zusammenarbeit mit Hass ab 1942 entwickelt und für Amateurtaucher etwa ab 1952 in den Verkauf gebracht. Es hat vom prinzipiellen Aufbau also sicher als Vorlage für die MEDI-Nixe gedient. Nicht zu vergessen ist der enorme Bekanntheitsgrad dieses Gerätetyps durch die Filme von Hans Hass, die auch in der DDR im Kino liefen. Bild07: Links Kleintauchgerät 138, rechts MEDI-Nixe Trotzdem ist die MEDI-Nixe kein Clone des 138, man ging durchaus eigene Wege, die einerseits sicher der Materialsituation in der DDR aber auch den Voraussetzungen aus der vorhandenen Medizintechnik geschuldet waren. Außerdem wurden einige Schwachstellen des 138 beseitigt, aber auch neue geschaffen. Die MEDI-Nixe wurde auf der Leipziger Messe auf jeden Fall stolz vorgestellt. Bild09: Vorstellung auf der Leipziger Messe Die weiteren Firmennamen auf dem Messefoto scheinen sich auf den Tauchanzug „Pinguin“ zu beziehen, auf jeden Fall VEB Pouch. Atemkalkbehälter Der Atemkalkbehälter des 138 besteht aus massivem Metallguss (Bronze oder Messing?) und vereinigt beide Schlauchanschlüsse, die Richtungsventile und das Überdruckventil (Öffnungsdruck 230mm Ws). Das hat den Vorteil, dass dadurch der Auftrieb des Atembeutels etwas mehr kompensiert wird und das weniger Öffnungen im Atembeutel abgedichtet werden müssen. Dazu dient bei der Nixe ein einziger massiver Rahmen, der mit vielen M4-Schrauben in die Gegenlunge eingeschraubt ist. Es gibt im Gegensatz zum 138 auch nur eine Flachdichtung. Diese Einheit wird mit zwei M6-Vierkantschrauben gasdicht mit dem Atembeutel verspannt. Dies ist etwas umständlicher als beim 138, dort wird ein zentraler Spannbügel verwendet. Bild 11 & 12: Anschluss des Atembeutels bei Nixe und Modell 138 Die Tragweste und der Atembeutel de Nixe bestehen aus einseitig gummiertem Bauwollstoff. Die Gummierung ist von so hervorragender Qualität, dass alle dem Autor bekannten erhaltenen Geräte auch heute noch gasdicht und tauchfähig sind. Beim Dräger-Kleintauchgerät 138 verhärtete der Gummi mit den Jahren, brach und zerbröselte. Bild 13: Stempel ELGUWA auf dem Atemsack der Nixe Hersteller war der VEB "ELGUWA" Leipzig, zu dessen Geschichte hier noch etwas hinzugefügt werden soll, da von dort auch andere Tauchtechnik-Komponenten kamen. Die Firma wurde 1879 von Richard Flügel in Leipzig gegründet. 1882 stieg Hans Polter in die Geschäfte ein (Flügel & Polter KG, 1933 dann Flügel & Polter GmbH, Gummiwarenfabrik Leipzig). Ab 1934 war Dr. Fritz Ries persönlich haftender Gesellschafter. Er übernahm 1937 das Unternehmen. In der Folge baute er es im Rahmen von Arisierungen und weiteren Übernahmen zur Ries-Gruppe aus. Die entwickelte den 120-Mann-Betrieb zu einem Konzern mit über 1.000 „Gefolgschaftsmitgliedern“, viele davon Zwangsarbeiter. 1947 ging Flügel & Polter in das Eigentum des Landes Sachsen über und änderte seinen Namen in Leipziger Gummiwarenfabriken. Von 1968 an nannte sich der Betrieb VEB ELGUWA Leipzig und war an mehreren Standorten in Leipzig vertreten. Sauerstoff-Regler Der Atemregler der MEDI-Nixe ist eine Weiterentwicklung auf Basis des Medizinreglers des MEDI-Sauerstoff-Inhalationsgerätes SIK 723. Das Original-Hand-Einstellrad für den Sauerstoff-Durchfluss wurde entfernt und der Durchgang wasserdicht verschlossen. Hinzugefügt wurden eine Düse und ein manueller Zuschussknopf. Der Zwischendruck des Reglers beträgt etwa 3 bar, wodurch sich an der Oberfläche ein Durchfluss von etwa 0,9 l/min einstellt. Dieser Druck sinkt mit zunehmender Tauchtiefe und geht bei 30 m gegen Null. Bild 15: Düse für den Konstantfluss Die Regelmembran besteht aus konzentrisch gewelltem Bronzeblech. Dem Dauereinsatz ist dieses Material offenbar nicht sehr gut gewachsen, der Autor musste bereits mehrere partiell gebrochene Membranen reparieren. Ein Finimeter zum Ablesen des Flaschendruckes gibt es ebenso wie beim 138 nicht. Der Sauerstoff Vorrat galt für eine Stunde Tauchzeit als ausreichend, Indikator war das Geräusch des Zuschussknopfes. Hier sind außer dem grundsätzlichen Prinzip überhaupt keine Ähnlichkeiten mit dem Regler des 138 erkennbar. Dieser ist mechanisch aufwändiger mit einem Doppelhebelsystem ausgestattet, was eine genauere Druckregelung gewährleisten soll. Bilder 16 17 19 21 Mundstück, Schläuche, Ventile Die Atemschläuche stammen ebenfalls aus der Medizintechnik und haben einen Innendurchmesser von nur 18 (20) mm, ebenso die Richtungsventile, die einen Ventilkörper aus Vollgummi mit einem freien Querschnitt von nur 2,2 cm² haben. Zusammen mit dem Mundstück (zwei Varianten aus Messingblech, siehe vorigen Beitrag) trägt das zu einem mäßigen Atemkomfort bei. Für den anspruchsvollen Einsatz im militärischen Bereich, z.B. in der KSK 18 der DDR-Volksmarine, versuchte man deshalb (außerhalb von MEDI), die Nixe zu verbessern, z.B. durch den Einsatz von Mundstücken aus sowjetischen Kreislauf-Geräten. Bild23: Richtungsventil aus dem Mundstück Dräger setzte bei ähnlichen Schlauchquerschnitten auf ein massives Messingguss-Mundstück und leichtgängige Glimmerventile. Das Dräger Kleintauchgerät 138 ist vom Atemkomfort besser als die Nixe (subjektiver Eindruck des Autors). Auch hier sind also keine Gemeinsamkeiten zu erkennen.