Geschichte der MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen der DDR Von Ulf Barthel Anfang des Jahres 1953 ergab im Berliner Wirtschaftsministerium der DDR eine Analyse von Führungskadern der Wirtschaft, Offizieren der Streitkräfte und Parteikadern der Regierung folgendes ernüchternde Bild: 1. Auch 8 Jahre nach Kriegsende bestehen immer noch immense Kriegsschäden an Häfen, Schleusen, Brücken, Kanälen und anderen wasserbaulichen Anlagen. Versenkte Schiffe versperren Hafeneinfahrten, Kanäle und Flüsse, und verminte Gewässerbereiche bereiten der Fischerei und Schifffahrt große Probleme. Im Resultat bedeutet es, dass noch ein gewaltiger Umfang von Taucherarbeiten erforderlich ist. 2. Die Sowjetunion stellt hohe Reparationsforderungen, denen man im Rahmen des Friedensvertrages, des sozialistischen Aufbaus und in brüderlicher Verbundenheit nachkommen muss und will. Im Rahmen dieser Kriegsentschädigungen müssen auch sehr viele Schiffe gebaut werden. Vertraglich war unter anderem vereinbart, dass auf diesen Schiffen ab einer bestimmten Brutto-Register-Tonnage eine Helmtaucher-Ausrüstung vorzuhalten ist [01]. 3. Spätestens mit dem Aufbau der Kasernierten Volkspolizei und der Seepolizei war der militärischen Führung klar, dass dringend spezielle Tauchereinheiten in den Land- und See-Streitkräften aufgestellt werden müssen. Durch eskalierendes politisches Auseinanderdriften der beiden deutschen Staaten und mit Blick auf den sich abzeichnendem Aufbau militärisch konträrer Blöcke in Ost und West wurde realistisch eingeschätzt, dass durch eine eventuelle Embargopolitik ein Bezug von Tauchtechnik aus der BRD kurz- und mittelfristig nicht mehr möglich sein würde. Zusätzliche andere bewaffnete Organe, Behörden und Sicherheitsdienste (MfS, Polizei, Grenzschutz, Feuerwehr), die ebenfalls mit Tauchausrüstungen versorgt werden mussten, deklarierten darum gleichermaßen ihre Forderungen nach schwerer Tauchtechnik. 4. Forschungseinrichtungen, Fischerei- und Hydrobiologische Institute, mit einem vergleichsweise geringen Bedarf an Taucherarbeiten, meldeten den dafür notwendigen Technikbedarf jedoch auch konsequent „nach oben“. Alle genannten Bedarfsträger hatten große Probleme, die anfallenden Taucherarbeiten personell und vor allem mit entsprechender Technik abzusichern. Die nach Kriegsende bis zu diesem Zeitpunkt ausgeführten Taucherarbeiten wurden zu 99 % mit Altbeständen an Tauchtechnik ausgeführt. Man verwendete dazu die vorhandene Technik einiger weniger Berufstaucher oder die Helmtauchergeräte aus militärischem Restbestand der deutschen Kriegsmarine bzw. des Heeres. Da es in der Ostzone vor dem Krieg jedoch keine großen Taucherfirmen, wie z.B. in Hamburg (Fa. Beckedorf, Fa. Harms u.a.), gegeben hat, war dementsprechend auch kein nennenswerter Stock an Material vorhanden, auf den man zugreifen konnte. Da die Helmtauchtechnik durch den extremen Einsatz schnell verschliss, wurden Reparaturen, der Austausch ganzer Baugruppen bzw. Neuanschaffungen unabdingbar. Nachweisbar ist hierfür der Verkauf von Helmtauchgeräten der Lübecker Dräger-Werke in die Ostzone/DDR [07]. Wie bereits in meinen Darlegungen zu Entwicklung und zum Bau der DDR Helmtauchermesser [08] gesagt, hatte die junge DDR spätestens durch die Währungsunion und den damit bedingten Wechselkurs ein fundamentales Problem mit einem Import der teuren Dräger-Tauchtechnik. Diesen Zustand und die daraus resultierenden Folgen erkannte man in Regierungskreisen sehr schnell. Um hohe wirtschaftliche Folgeschäden zu verhindern, aber gerade, um in erster Linie den Aufbau der wichtigen Spezial-Tauchereinheiten der Landesverteidigung zu sichern, galt es zu handeln. Entgegen heutigen Gepflogenheiten in Politik und Wirtschaft bei der Vergabe von Staatsaufträgen fackelte man 1953 nicht lange, sondern es wurde gehandelt. Und wie so oft bei großen, geschichtlich wichtigen Ereignissen stand auch hier das Wort, in diesem Fall das (Macht-)Wort der Staats- und Parteiführung. Mit dem Segen der SED beauftragte das Wirtschaftsministerium 1953 den VEB Medizintechnik Leipzig (im weiteren MEDI) mit der Entwicklung und der Produktion von DDR Helmtauchgeräten. Später wurde übrigens aus dem 1948 gegründeten MEDI-Betrieb das Kombinat MLW (Medizin-, Labor und Wägetechnik). Den Auftrag an dieses Werk zu vergeben, machte Sinn, wenn man weiß, dass MEDI schon seit Gründung am 01.06.1948 generell mit dem Bau von Atemschutztechnik beauftragt worden war und den größten Teil der ostdeutschen Produktion an Gasschutzgeräten, Grubenrettern, Sauerstoff-Inhalations- und Beatmungsgeräten sowie diverser anderer medizintechnischer Geräte produzierte. Bild B01 Helm des Schlauchtauchgerätes MEDI 463, 1954 bis 1958 30-40 Stück produziert (Codebezeichnung in den bewaffneten Organen: STG-53) , ©U. Barthel MEDI 463 - die erste Generation von Schlauchtauchgeräten bei MEDI Die Helmtaucher-Ausrüstung MEDI 463 hat eine interessante Geschichte. Dass es dieses Equipment, das nur in einer sehr, sehr kleinen Serie gebaut wurde, tatsächlich gibt, ist dem illustren Kreis der Tauchtechnik-Interessierten und Tauchhistoriker erst seit wenigen Jahren wirklich bewusst. Zum einen ist es die sehr geringe Stückzahl, in der diese Helmtauchausrüstung gebaut wurde, und zum anderen die hochinteressante Geschichte der Entwicklung, der Produktion, der Besonderheiten und der Verwendung. Es gilt als gesichert, dass 1954 Helmtauchgeräte MEDI 463 erstmalig produziert wurden. Diese Ausrüstung definiert damit den Anfang der eigenständigen Produktion von Taucherausrüstungen für den militärischen und professionellen Tauchdienst in der DDR. Es gibt kein Tauchgerät in der MEDI-Historie, welches eine niedrigere Artikel-Nummer hat. Die interne Code-Bezeichnung STG-53 durch die kasernierte Volkspolizei weist darauf hin, dass in der militärischen Führungsebene der Entschluss und Auftrag zum Bau dieser Ausrüstung bereits 1953 erfolgte. Nach Auftragserteilung durch das Wirtschaftsministerium stand das kleine Entwicklerteam von MEDI von Beginn an unter starkem Zeit- und Erwartungsdruck. Dieses Projekt konnte zu damaliger Zeit nur in Angriff genommen werden, weil die für Entwicklung und Bau notwendigen Fachkräfte und Rohstoffe (im Besonderen Buntmetalle wie Messing und Kupferbleche), Werkzeuge und Spezialmaschinen durch Sonderzuweisung aus Mitteln für ein LVO (Landes-Verteidigungs-Objekt) freigegeben wurden. Trotzdem war es schwierig und herausfordernd, schon allein, weil es bei MEDI keinerlei Kenntnisse und Erfahrungen zum Bau und die Entwicklung von Tauchgeräten gab. Für erste theoretische Grundlagen musste Stelzners „Tauchtechnik“ herhalten. Objektstudien an vorhandenen alten Helmtaucher-Ausrüstungen machten langwierige Tests und Erprobungen im Entwicklungsstadium nahezu überflüssig. Für tauchpraktische Hinweise holte man sich flugs aus den Reihen alter, erfahrener Berufstaucher Kenner der Materie (z.B. die Tauchermeister Otto Lechner und Karl-Heinz Hoffmann). Weil es darum ging, schnell vorzuweisen und abzuliefern, machte man sich jedoch den Prozess der „Entwicklung“ wirklich sehr einfach und baute fromm und frei das vollständige Dräger-Schlauch-Tauchgerät T-2810 in der Standardausführung nach. Dieser „Diebstahl geistigen Eigentums“ war in der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich. Dräger musste in Folge des Kriegsausgangs alle Patente freigeben. In dieser rechtsfreien Zeit durfte also, wer wollte, jegliche Dräger-Teile oder komplette Geräte 1:1 kopieren. Ehemalige Mitarbeiter von MEDI geben unumwunden zu, dass es durchaus gang und gebe war, so „eigene“ Produkte herzustellen [01]. Erst ein paar Jahre später gelang es den Dräger-Werken, seine Patente zurück zu erlangen und damit eventuell auch, seine Patentrechte neuerlich und nachhaltig geltend zu machen. Woran kann man nun eine Helmtaucherausrüstung MEDI 463 von der geläufigen Dräger-Ausrüstung unterscheiden? Bei der Analyse einer Helmtaucher-Ausrüstung fällt der Blick naturgemäß zuerst auf den Taucherhelm. Der MEDI-Helm ist in Abmaßen, Funktion, Anzahl und Anordnung der Fenster, Anschlüssen, Flanschverbindung zum Schulterstück usw. dem Dräger-Helm T-2215 sehr ähnlich. Der Nachbau dieses Helms fällt so gut aus, dass damals kaum ein Taucher im ersten Moment merkte, dass er statt des gewohnten Dräger- einen MEDI-Helm vor sich hatte. Aber es handelt sich um einen eigenständigen Taucherhelm. Da auch andere Komponenten dieser schweren, schlauchgestützten Helmtaucher-Ausrüstung Änderungen an und in verschiedenen Details aufweist, ist diese Ausrüstung also ein Nachbau in Anlehnung an das Original, es kann nicht von einer Kopie gesprochen werden! Ein wichtiger und auffälliger Unterschied ist beispielweise auch das fehlende Logo auf dem Schulterstück. Es gibt jedoch viele weitere interessante und unterscheidende Details. Betrachten wir darum also die einzelnen Bauteile genauer: Bild B05 Der Helm des MEDI 463, ©U. Barthel Beginnen wir beim wichtigsten Ausrüstungsteil, dem Helm. Bei gut erhaltenen Helmen erkennt man die Produktionsweise der Helmkugel. Der MEDI-Helmrohling wurde manuell gedrückt. Das funktionierte folgendermaßen: Auf einer Metalldrückbank, ähnlich einer langsam drehenden Drehmaschine, wurde der Rohling auf eine Form gedrückt. Die Form entsprach in ihrer Ausformung und den Außenmaßen exakt dem Helminneren. Beim Drücken selbst wurde eine große kupferne Ronde (Scheibe) mit einem Durchmesser von ca. 800 mm bei geringer Drehzahl der Maschine, mit Hilfe eines Druckstocks, unter sehr starkem Anpressdruck manuell um die Helmform gedrückt. Um den notwendigen Druck kraftvoll ausüben zu können und sich andererseits nicht selbst von der Maschine weg zu schieben, hat sich der Arbeiter dazu mit einem speziellen Stützgeschirr (starker, breiter Ledergurt) direkt an der Drückbank eingeklinkt. Bearbeitungsbedingt hinterlässt beim Drücken der Andruckstock auf dem blankem Kupfer der Außenseite des Helms umlaufende Druckriefen. An diesen unregelmäßig ausgeprägten, schwach sichtbaren Riefen ist erkennbar, dass der Anpressdruck manuell erfolgte. Da MEDI nicht über eine Metalldrückbank in erforderlicher Größe verfügte, wurden diese Arbeiten in einer Werkstatt in der Nähe von Halle/Saale ausgeführt. Die Dräger-Helme im Gegensatz dazu sind unter hohem Druck in einer Form geblasen (späte Serien) oder von Hand getrieben (frühe Serien) worden. Da die Halsöffnung der Helm-Kugel natürlicherweise einen kleineren Durchmesser als die Kugel hat, musste die Form aus mehreren Teilen bestehen [01]. War der Helm fertig geformt, wurde zuerst der Mittelteil, der Kern, entfernt, dann konnten nach und nach alle weiteren Formteile aus dem Hohlkörper entnommen werden. Ein markanter, gut sichtbarer Unterschied ist der Übergang des Taucherhelm-Halses ab Oberkante Helmflansch in die Rundung der Kugelform. Der Hals des STG-463-Helms geht schon nach ca. 10 mm steil in seine tatsächlich runde Helmform über. Der „Hals“ des Dräger Helm ragt hingegen wesentlich höher (ca. 30 mm) über den Flansch hinaus, bevor er in Kugelform übergeht. Bild B02 Bis auf Logo und Höhe des Halses äußerlich fast identisch (links MEDI 463, rechts Dräger T2215, ©U. Barthel Der geringe Abstand zum Flansch beim MEDI-Helm macht sich aber beim Verschrauben der Muttern der drei Flanschbolzen negativ bemerkbar, das Handling ist schlechter. Wichtige Unterschiede zu dem äußerlich sehr ähnlichem Dräger-Helm sind außerdem die Größe der Helm-Anschlüsse für das Telefonkabel und das Gewinde des Anschlusses für den Schlauch des Pressluft-Brustgewichts. Daran passt weder die Überwurfmutter der Schläuche des Dräger-Pressluft-Brustgewichtes, noch der Anschluss der späteren Brustgewicht-Reserveflasche MEDI 721. Erfreulich, dass wenigstens der Ausgang aus der Brücke des Reservegeräts einen standardisierten 5/8“-Druckluft -Innengewindeanschluss aufweist. Ein weiteres auffälliges Merkmal ist der mit 30 mm sehr große Durchmesser der Öffnung für den Telefonstecker. Der mitgelieferte einmauliger Schraubenschlüssel mit einer Schlüsselweite von 50 mm (!) ist nötig, um die Überwurfmutter des Telefonkabels bzw. die Blindkappe zu befestigen. Die Steckverbindung der Telefoneinheit zum Telefonkabel wird im Helminneren mit drei kleinen Messingschrauben befestigt. Damit ist ein schneller Ein-/Ausbau der Helmtelefon-Einheit allerdings nicht wirklich möglich. Bild B16 Größenvergleich der Telefon-Helmeinheiten Dräger / MEDI 463 / MEDI 721 (von links nach rechts, ©U. Barthel) Das kupferne Schulterstück dagegen ist in guter alter Manier und 1:1 in den Abmaßen zum Dräger-Schulterstück in Handarbeit getrieben worden. Wie bereits anfangs erwähnt, fehlt das Logo auf dem Schulterstück. Warum diese erste Serie noch kein Logo hatte, ist einfach erklärbar. MEDI prägte Produkte erst viel später. So sind zum Beispiel auch auf den medizinischen MEDI-Regenerationsgeräten 494 und 495, die als nahezu identische Nachbauten ähnlicher Dräger-Geräte in diesem Zeitraum entstanden, keine äußeren Prägungen oder Symbole zu erkennen. Bei dieser Art von „Plagiat-Produktion“ hätten die Dräger-Werke ein MEDI-Logo als absoluten Affront gewertet. Klugerweise verhielt sich MEDI also hier recht vorsichtig und reizte die tatsächlichen Erfinder und Entwickler nicht, wie es heutzutage in China gang und gebe ist. Interessant ist die Nummerierung der Helme. Alle dem Autor bekannten MEDI 468 haben dreistellige Nummern. Diese sind frontal, zentriert auf beiden Flanschteilen, mit 4-mm-Ziffernhöhe manuell eingeschlagen. Es sind keine ein- oder zweistelligen Nummern bekannt. Die dreistellige Nummerierung ist allerdings irreführend. Die fortlaufende Nummerierung begann bei 100. Da keine Helme MEDI 463 mit Nummern unter 110 und über 150 bekannt sind, muss davon ausgegangen werden, dass vermutlich nur zirka 40 dieser Helme angefertigt worden sind. Es ist bekannt, dass diese Nummern auch auf dem Frontfenster, den Blindmuttern der Helmanschlüsse, dem Werkzeug und den Schlauchverbindungsstücken zu finden sind. Bild 04 Das Pressluft-Brustgewicht des MEDI 463 ©U. Barthel Extrem selten zu finden und wirklich nahezu unbekannt war/ist das Pressluft-Brustgewicht des MEDI 463. Wie bei dem großen Dräger-T-2080 Brustgewicht des DM-40-Tauchapparates enthält dieses zwei vertikal hängende 1-Liter-Flaschen. Warum man sich damals für zwei 1-Liter-Flaschen entschieden hat, ist nicht eindeutig geklärt. Bekannterweise wurde im Tauchwesen der DDR von Beginn an Sicherheit und Arbeitsschutz große Bedeutung beigemessen und darum eventuell einem höheren Reserveluft-Volumen der Vorzug gegenüber den üblichen zwei 0,6-Liter-Doppelflaschen anderer schlauchgestützter Helmtauchergeräte gegeben. Dem gegenüber wird jedoch in der Dienstvorschrift für das STG-53 gesagt: „…Im Bedarfsfall können auch zwei Rückengewichte (statt Pressluftbrustgewicht) benutzt werden. …“ [06]. Dieser Widerspruch zeigt, dass es in dieser Entwicklungsphase starke Differenzen zwischen Theorie und Praxis und wohl auch noch Bezug auf Tauchmethoden längst vergangener Zeit gegeben haben muss. Bekannt ist auch, dass der damalige ostdeutsche Druckbehälter-Hersteller arge Probleme mit dem Bau von kleineren Sauerstoff-/Druckluftflaschen hatte und es in dieser Zeit massive Produktionsschwierigkeiten für größere Stückzahlen gab. Bei der Detailanalyse an vier verschiedenen Brustgewichten des MEDI 463 hat der Autor wohl auch deshalb sehr verschiedene Flaschenchargen gefunden. Ein wirklich deutlicher Unterschied gegenüber dem Dräger Brustgewicht ist gut zu erkennen, das MEDI-Brustgewicht ist beidseitig offen. Die beiden Flaschen ragen also oben und unten heraus. Vorbild für diese Bauform könnte das Pressluft-Brustgewicht des russischen GKS-3M- Helmtauchgerätes gewesen sein. Hier sind eindeutige Parallelen zu erkennen. Nach Aussage von [01] ist die Bauform auch so gemacht worden, um zügiger und problemloser produzieren zu können. Die wenigen Gießereien in Leipzig und Umgebung hatten Personal-, Material- und vor allem Qualitätsprobleme. Die Oberflächen der großen MEDI-Gussteile sind meist von minderer Qualität, grob nachbearbeitet, oft mit offenporigen Oberflächen. Auffallend ist der breite Achsabstand des Brückenventils der beiden 1-Liter-Flaschen. Bei der Dräger-Brücke (wird gleichermaßen für das große T-080- und das kleine T-1476-Brustgewicht verwendet) beträgt der Abstand 112,5 mm. Für die MEDI-Brücke wurde ein Maß von 125,1 mm ermittelt. Dieser Unterschied ist im Gegensatz zu allen anderen Abmaßen der Flaschenbrücke so signifikant, dass es wohl mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Fehler beim Kopieren der entsprechenden „Dräger-Vorlage“ gekommen sein muss. Ein weiterer kleiner, aber feiner Unterschied findet sich an den Karabinern der Brust- und Rückengewichte: Dräger-Karabinern haben viereckige Löcher während in allen MEDI-Karabinern runde Löcher sind. Bild 06 Detail MEDI-Haken mit rundem und Dräger-Haken mit eckigem Loch, ©U. Barthel Das Rückengewicht ist durch die markanten, außenstehenden Ösen-Aufnahmen gut von dem Dräger-T-280-Rückengewicht zu unterscheiden. Die teilweise erheblichen gefundenen Gewichtsunterschiede der Pressluft-Brust- und Rückengewichte sind in einer Tabelle unter Zusatz-Link dargestellt. Auf der Vorderseite des Pressluftgewichts ist eine Messingplatte aufgeschraubt. Darauf sind zwar Füllmedium, Volumen und Fülldruck eingraviert, jedoch kein Verweis auf MEDI als Hersteller. Zum Befestigen des Schrittgurts ist an der Vorderfront eine typische 40-mm-Rollschnalle montiert. Im unteren Bereich des Rückengewicht ist an einem kurzen Riemen eine identische Messing-Rollschnalle befestigt. Dadurch reicht für den Schrittgurt ein einfacher, derber Riemen aus 4-mm-starkem Kernleder, der beidseitig gelocht ist. Ein Sitzgewicht wurde selbstredend auch nach Dräger-Vorbild hergestellt und ist im Lieferumfang der Ausrüstung enthalten. Eine schöne Episode ist die Herstellung des ersten MEDI-Taucheranzugs. Ein Leipziger Herren-Maßschneider wurde beauftragt, einen Musteranzug zu schneidern. Ohne Ahnung von der Materie zu haben, nahm der Meister der Haute Couture bei einem Testtaucher Maß, legte los und lieferte auch pünktlich einen Anzug ab. Nachteilig war nur, dass dieses Modell so eng geschneidert war, dass der Testtaucher auch mit viel Hilfe und bestem Willen nicht hineinkam. Der Schneider hatte schlicht und ergreifend viel zu wenige Maß-Zuschläge eingearbeitet. Kurzerhand wurde daraufhin ein alter Dräger-Anzug zerlegt und als grobe Schnittmustervorlage verwendet [01]. Wie beim Vorbild Dräger wurden drei Konfektionsgrößen offeriert. Nach [06] sind diese jedoch für kleinerer Körpergrößen geschnitten, siehe Tabelle über Zusatz-Link. Für die Manschetten der Anzüge wurde ein roter Naturgummi verwendet. Genau dasselbe Material wurde, korrekt volkswirtschaftlich handelnd, auch für die große Dichtung des Frontfensters, die Flanschdichtung, die Armmanschetten und viele hunderttausende DDR-Einweckglas-Gummis verwendet. Dieses Material war jedoch so fest, dass es bei den ersten Anzug-Chargen große Probleme beim Dehnen der Halsmanschette zum Einstieg des Tauchers und an den Armmanschetten gab [05]. Den Tauchern, welche die ersten Anzüge tragen durften, starben fast die Hände ab, so fest drückten die Manschetten auf die Handgelenke. Zeitzeugen berichten, dass danach lieber der alte Dräger-Tauchanzug zigmal geflickt wurde, als wieder in den MEDI-Anzug steigen zu müssen. Die mitgelieferte Garnitur Wollzeug bestand aus einem Rollkragenpullover, zwei langen Unterhosen, zwei Paar langen Strümpfen, zwei Paar Fingerhandschuhen, einem Wollschal, einer Wollmütze und drei paar Filzfüßlingen. Die Taucherschuhe entsprechen in Form und Aufbau den bekannten Dräger-Helmtaucher-Schuhen. Auf Anregung Tauchermeister Lechners wurde allerdings ein zusätzlicher dritter Gurt über den Spann des Fußes gelegt. Die Eisengießer waren nicht in der Lage, dafür durch die gesamte Breite der Sohle einen entsprechenden Schlitz einzubringen. Kurzerhand wurde also dieser Riemen zerschnitten und die beiden Teile links und rechts unter Zuhilfenahme von Messing-Klemmplatten an den Metallschuh angeschraubt. Bild B24 Die Klemmplatte, mit deren Hilfe der 3. Riemen am MEDI Schuh befestigt wurde, ©U. Barthel Dieses charakteristische Merkmal wurde forthin das Erkennungsmerkmal der MEDI-Schuhe. Sogar Dräger-Schuhe, die noch im Bestand waren, wurden so „nachgerüstet“. Ebenfalls typisch für die Taucherschuhe Made- in-GDR ist das grobporige, gelbe oder rote Hackenleder. Interessante Informationen zur Geschichte der Helmtauchermesser MEDI 463 habe ich bereits in der „Tauchhistorie 07/2017“ dargestellt. Dort kann der interessierte Leser mehr und ausführlich zu diesem speziellen Thema lesen. Das MEDI-Tauchertelefon ist keine Entwicklung der Leipziger MEDI-Tauchtechniker. Vielleicht ist es gerade darum in Form, Ausstattung und Aufmachung wirklich anders als die Dräger-Telefonanlage. Es sieht moderner, technischer und werthaltiger als das schlichte Dräger-Telefon aus. Das batterielose MEDI-Tauchertelefon, in der offiziellen Nomenklatur als „Kopffernsprechgerät Typ SFK/“ bezeichnet, wurde vom „Mechanik Apparate Bau“ (MAB) in Caputh bei Potsdam hergestellt. Dieser Betrieb hatte sich unter anderem auf die Produktion von Schiffsfernsprechern spezialisiert. Die Funktion und der prinzipielle Aufbau einer Wechselsprechanlage zwischen Taucher und Signalmann wurde in diesem Gerät jedoch genau wie bei Dräger umgesetzt. Der batterielose Betrieb des Gerätes (Detektoranlage) wird der Mangelwirtschaft Ostdeutschlands wesentlich entgegengekommen sein. Der hölzerne Telefonkasten enthält ein Headset mit Kopfhörer und ein vor die Brust zu hängendes Mikrofon. Bild B07: Die Taucher-Telefonanlage des MEDI 463, Kasernierte Volkspolizei DV 45-9 Rein zufällig ;-) passt an diese Landstation natürlich auch der landseitige 3-polige Dräger-Telefonkabelstecker. Das MEDI-Telefonkabel ist 60 m lang und entspricht damit der Gesamtlänge der 3x 20-m-Schlauchlängen. Die Spulen für die MEDI-Sprech- und Hörkapseln sind jedoch anders als bei Dräger aufgebaut. Das führte zu einer bedeutend schlechteren Sprach-/Hörqualität im Dialog zwischen Taucher und Signalmann. In der Praxis nützte daher der Komfort und das Design der Landstation wenig – wenn die Verständigung zu schlecht war, stieg man konsequent auf die gute alte Kommunikation per Signalleine um. Und warum eigentlich Telefon? Ein Rostocker Berufstaucher aus jenen Tagen hat, genervt nach mehrmaligen, unwichtigen telefonischen Fragen seines jungen Signalmann mal im besten Plattdeutsch so nach oben geantwortet: „Jung, ick bin taun arbiten unner Water. Hier ward man förd düken betalt, nich för snacken.“ („Junge, ich bin zum Arbeiten unter Wasser. Hier wird man für´s Tauchen bezahlt, nicht für Gequatsche“). Im Lieferumfang wurde weiterhin eine 30-m-Signalleine ausgeliefert, die im Notfall auch als Rettungsleine verwendet werden konnte. Der Widerspruch der verschiedenen Tragkräfte (200 kp Signal- und 300 kp Telefonleine) kann durch die generelle damalige Festlegung von Tragkräften für Rettungsgeräte erklärt werden. Bild B08 Der Taucher-Automat MEDI 466, ©U. Barthel Natürlich wurden auch die Taucher-Handpumpe und der Taucherautomat MEDI 466 bzw. MEDI 467 nach Dräger-Orginalen gut kopiert. Während die ersten Chargen des Taucherautomaten MEDI 466 ohne sichtbaren Verweis auf Dräger nachgebaut wurden, sind in den letzten Produktionsjahren Taucherautomaten mit MEDI-Schriftzug auf dem Handrad zur Auslieferung gekommen. Völlig anders im Aussehen als das Dräger-Original aber dafür annähernd gleich in der Funktion, sind auch MEDI-Automatentafeln, die für den Einsatz von zwei oder drei Tauchern geeignet waren, hergestellt worden. Die 20-m-Luftschläuche des MEDI 463 sind durch ihre weiße Farbe und das weiche, elastische Biegeverhalten sehr einfach zu identifizieren. Produktionsbedingt sind jedoch auch Chargen mit variablen Längen zwischen 15 m und 20 m ausgeliefert worden. Warum man diese Schläuche aus hellem Gummimaterial hergestellt hat, kann nicht mehr geklärt werden. Ich bin jedenfalls sehr froh, für meinen MEDI 463 noch einen originalen Satz weiße (jetzt eher schmutzig-beige) Schläuche zu besitzen. Selbstredend sind auch die zwei Ausrüstungskisten in Größe, Abmaß und innerer Aufteilung wiederum nahezu identisch mit den Dräger-Kisten. Richtig stolz kann sich der Sammler schätzen, der das originale Werkzeug zu seiner MEDI-Taucherausrüstung besitzt. Auch in den Werkzeugen einiger Ausrüstungsätze ist die Nummer des Helms nachgewiesen worden. Da es sich hierbei jedoch um eingeschlagene Zahlen mit größerern Ziffern als auf den Messingteilen des Taucherhelms handelt, besteht die Vermutung, dass dies durch den jeweiligen Besitzer (und sicherlich nur im militärischen Einsatz) zu einem späteren Zeitpunkt gemacht wurde. Die Gussteile, also Schuhe, Pressluft-Brust-/ und Rückengewicht, sowie die Transportkisten wurden in militärisch grüner Farbe gestrichen bzw. gespritzt ausgeliefert. Für diesen Beitrag wurden sechs Helme MEDI 463 begutachtet und analysiert. Dabei ist der meist sehr gute Zustand der Helme auffallend gewesen. Das deutet auf eine sehr kurze Einsatzdauer hin. Die typischen ausgeschliffenen Stellen dort, wo die Messingkarabiner des Brustgewichts auf dem gebördelten Rand des Schulterstücks scheuern, sah man nur minimal . Starke Dellen, Schrammen, Abschläge bzw. ausgebesserte oder geflickte Stellen wurden nicht gefunden. Das macht umso mehr stutzig, wenn man bedenkt, dass Helme der „ersten Stunde“ ja eigentlich einen langen, harten Lebenszyklus hinter sich haben müssten. Der raue Arbeitsalltag, der Einsatz als Arbeitsmittel, Salz- oder Schmutzwasser, Dreck, ein manchmal achtloser Umgang, das schafft eine Patina auf den Taucherhelmen, die der Autor bei diesen Helmen nicht finden konnte. Da die erste und einzig bekannte gedruckte Dokumentation [06] dieser Helmtaucher-Ausrüstungen, sowie die „Fundorte“ einiger noch vorhandener Helme oder ganzer Ausrüstungen in ehemaligem militärischem Umfeld lagen, muss davon ausgegangen werden, dass der MEDI 63 tatsächlich vordergründig militärisch eingesetzt wurde. Die Bedürfnisse der sich erst entwickelnden militärischen Grundstrukturen der DDR sprechen auch für die geringe Stückzahl dieses Typs. Die Phase des Aufbaus der Streitkräfte, mangelndes Fach-Personal sowie eine ungenügende bzw. fehlende materiell-technische Infrastruktur der Anwender werden sicherlich auch Ursache für diese geringe Nutzung sein. Jeden Sammler freut es jedenfalls, wenn er solch eine Pretiose in nahezu unbenutztem Zustand in seiner Sammlung hat. An dieser Stelle wird es jedoch in der MEDI-Helm-Historie plötzlich wirklich spannend. Völlig konträr zu den wenig genutzten Helmen sowie der Gründe für Entwicklung und Bau der Serie des MEDI 463 steht der Nachweis, dass die DDR im Jahr 1959 vier DM-20-Tauchausrüstungen und zwanzig T-2810-Standard-Helmtaucher-Ausrüstungen von den Dräger-Werken kaufte [07]. Dafür muss es verschiedene, gravierende Gründe gegeben haben. Die Taucherhelm-Produktion erfolgte bei MEDI nicht laufend sondern sporadisch, eben wenn die Produktionskapazitäten es zuließen. Noch weniger als die Dräger-Werke konnte es sich aber MEDI erlauben, für 10 oder 20 Tauchausrüstungen die wichtige Produktion der Atem-, Medizin- und Gasschutz-Technik zu vernachlässigen bzw. zu blockieren. Diese war in ihrer Wichtigkeit für die Landesverteidigung sowie im Produktionsvolumen, Umsatz, Gewinn und vor allem für den Export um ein Vielfaches höher zu bewerten als ein paar wenige Taucherhelme. Außerdem mussten ja ab 1954 noch das Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe und ab 1957 das Druckluft-Tauchgerät MEDI 713 in der relativ kleinen Abteilung Tauchtechnik gebaut werden. Die sich in diesem Zeitraum zuspitzende prekäre wirtschaftlich Situation der DDR-Volkswirtschaft mit einem akuten Mangel an Rohstoffen, Arbeitskräften, Arbeitsmitteln, Maschinen usw. usw. wird ein weiterer Grund dafür gewesen sein. Ob eventuell tatsächlich Patentrechtsverletzung zu einem Rechtsstreit zwischen Dräger und MEDI in dieser Zeit und damit dem abrupten Ende der Produktion der 463-Helme führte, konnte bisher nicht nachgewiesen werden und ist damit als ungesicherte Information nicht verwertbar. Tendenzielle Hinweise, dass es zu schweren Tauchunfällen durch fehlerhafte MEDI-463-Ausrüstung gekommen sei und diese darum aus dem Verkehr gezogen wurde, können gleichfalls nicht bestätigt werden. Im Moment kann also nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, was damals der bestimmende Grund für diesen Großeinkauf an Helmtaucher-Technik bei Dräger, den man ja eigentlich umgehen wollte, gewesen ist. Sicherlich wird es eine Summe verschiedener Faktoren gewesen sein, dass bis Ende 1958 so wenige Helme bei MEDI gebaut wurden, so dass 1959 ein Tauchtechnik-Import für harte Devisen unumgänglich wurde. Die Tatsache, dass die Produktion der MEDI 463 abrupt endete und eine erhebliche Erhöhung an Devisenausgaben für den Zukauf von Dräger-Tauchtechnik notwendig wurde, steht jedoch in unmittelbarem Zusammenhang damit, dass nur kurze Zeit später eine neue, ganz anders aussehende MEDI-Helmtaucher- Ausrüstung konzipiert und gebaut wurde. Wesentliche Änderungen in Design und Detail lassen die Vermutung zu, dass eine zu große Angleichung an die Dräger-Helmtaucher-Ausrüstung nicht mehr gewünscht bzw. gestattet war, durchaus plausibel erscheinen. MEDI 721 - die neue Generation Schlauchtauchgeräte Bild B09 Helm des Schlauchtauchgerätes MEDI 721-1 mit rundem Schulterstück, ©U. Barthel Bild B10 Helm des Schlauchtauchgerätes MEDI 721-2 mit spitzem Schulterstück, ©U. Barthel Vorab möchte ich darauf verweisen, dass bis heute keine Unterlagen bekannt sind, die nachweisen, dass die STG-Ausrüstung MEDI 721 in zwei verschiedenen Varianten hergestellt wurde. Sachlich richtig ist, dass es zwei Helmtaucher-Ausrüstungen gibt, die sich vordergründig nur durch die Form des Schulterstücks unterscheiden. Zur besseren Definition und Darstellung bezeichne ich diese als: MEDI 721/1 STG frühe Version, flaches, rund auslaufendes Schulterstück, Bild 02, MEDI 721/2 STG späte Version, hohes, spitz auslaufendes Schulterstück, Bild 03. Das MEDI 721-1-Schlauchtauchgerät Bild B11 Der Helm des MEDI 721-1, ©U. Barthel Die Entwicklung dieses schweren Helmtauchgerätes begann 1953/54, und es wurde bis 1969 produziert [10]. Ich möchte nun die Veränderungen des STG MEDI 721/1 zum STG 463 herausstellen. Der neue Helm hat äußerlich so gar keine Ähnlichkeit mit seinem Vorgänger mehr. Die Form des Helms ist nun ellipsoid und gleicht so mehr den Siebe-Gorman-Helmen der 40er bis 60er Jahre. Die Helmrohlinge für diese Bauart wurden ebenfalls auf einer Handdrückbank manuell gedrückt. Das Firstfenster ist mit einem Messingdraht-Doppelkreuz vergittert. Bei dieser Version sind Helme mit und ohne Seitenfenster-Vergitterung nachgewiesen. Dieser Typ Helm hat, wie auch sein Vorgänger und der später folgende MEDI 721/2, eine First-Öse. Eine wesentliche Veränderung am Helm, neben der Form, ist die für deutsche Taucherhelme untypische Verwendung metrischer Gewinde der Bauteile. Dass für das Frontfenster ein gröberes metrisches Gewinde als beim Vorgänger gewählt wurde, hat noch einen gewissen Charme. Das Frontfenster lässt sich damit leichter und schneller ein-/ausdrehen. Die neuen metrischen Fein-Gewinde an den helmseitigen Lufteinlässen des Schlauchs des Pressluft-Brustgewichts und des kurzen Helmschlauchs hingegen treiben im Arbeitsalltag zusätzliche Schweißperlen auf die Stirn. Mühseliges, ganz exaktes Ansetzen und ja kein Dreck oder Schmutz in den Gewindegängen – sonst war es aus mit den empfindlichen Messinggewinden. Der Umstieg auf metrische Gewinde ist einfach erklärbar. Dräger verwendete schon immer neben Zollgewinde auch eine werkseigene Gewindenorm, diese wurde und wird bis heute ziemlich geheim gehalten. Der Nachbau von Dräger-Bauteilen-/Baugruppen wird eben echt schwer gemacht. Der Umstieg auf die metrische Gewindenorm war außerdem insoweit sinnvoll, da in den Ostblock-Staaten im Rahmen einer sich entwickelnden Zusammenarbeit generell die metrischen Gewinde als Norm verankert wurden. Sogar die drei Bolzen des Helmflansches bekamen nun ein sozialistisch-normiertes, metrisches Gewinde. Als wirklich positiv anzusehen ist hingegen die veränderte Form der Flansch-Blöcke, an die am Helm das Telefonkabel und der kurze Helmschlauch angeschlossen werden. Schlauch und Kabel konnten nun dichter und direkter am Rücken des Tauchers bis zum Leibgurt (Verbinder Helmschlauch/Schlauch) bzw. durch den Schritt nach vorn geführt werden. Auch das Schulterstück bekam nun (leider) eine absolut andere Form. Während das Schulterstück des 468er noch im Rückenbereich die typische „Arsch-Form“ hatte (man verzeihe die Ausdrucksweise, aber so wurde und wird von Helmtauchern und Sammlern die herzförmige Ausprägung der Rückseite von alten Dräger-, Flohr- und Hagenuk-Helmen nun mal genannt), ist diese jetzt vorn und hinten halbrund. Die breiteste Stelle des Schulterstücks ist auf Höhe der Schulterauflage. Von dort aus läuft die Form, vorder- und rückseitig, in Maß und Radius identisch aus. Betrachtet man den Helm von der Seite, fällt weiterhin auf, dass auch das Seitenprofil des Schulterstücks bis zum Flansch einen nahezu gleichmäßigen Radius aufweist. Dadurch stehen Vorder- und Rückseite ungewöhnlich weit und gleichmäßig nach außen ab. Die identische Höhe der Schulterstück-Vorder- und Hinterseite fällt beim 721/1 wesentlich flacher als bei seinem Vorgänger aus. Dass dieses neue Maß nahezu exakt der Fronthöhe alter Schulterstücke der Dräger-Bubikopf-Helme entspricht, ist sicherlich ein reiner Zufall gewesen ;-). Das Schulterstück in dieser Form herzustellen, kann sicherlich keinen großen Aufwand gemacht haben. Man braucht dazu nur ein elliptisch geformtes Kupferblech, das einmal unspektakulär radial verformt wird, danach mittig den „Hals“ manuell treiben und den äußeren Rand zubördeln. Wenn es dann noch mit dem Flanschstück verlötet wird, ist es schon fertig. Die Veränderung der Form wird sicherlich den Zeitaufwand der Produktion dieses Schulterstücks erheblich gesenkt haben, führte aber dazu, dass der Helm nicht ordentlich auf der Taucherschulter saß. Der Helm rutscht mit diesem Schulterstück ständig nach vorn oder nach hinten. Der Gebrauchswert beim Arbeiten unter Wasser tendierte damit „gegen Null“. Außerdem führte es im Alltagsgebrauch dazu, dass der Helm beim Abstellen leicht kippt und auf das Fenster der linken oder rechten Seite fällt. Böse Zungen behaupten, dass dies der Grund für die Vergitterung der Seitenfenster war. Neu und unübersehbar hingegen ist die Prägung des MEDI-Logo mittig auf dem Bruststück. Diese neue, damals futuristische (aber eben leider unbrauchbare) Kreation wurde dann auch entsprechend deutlich und eindeutig nach Außen als von MEDI deklariert. Das Gewichtssystem wurde ebenfalls gründlich überarbeitet. Ein großes Alleinstellungsmerkmal beider Schlauchtaucher-Ausrüstungen MEDI 721 ist das Brustgewicht mit seiner horizontal liegenden 1-Liter-Druckluft-Reserveflasche. Bild B12 Das Pressluft-Brustgewicht zum MEDI 721 wurde für 721-1 und 721-2 verwendet, ©U. Barthel Tauchapparate ähnlich des Dräger-DM40 waren nicht geplant. Die dafür notwendigen großen Spül-,Tarier- und Reserveluftmengen musste man also auch nicht beachten. Die durchschnittlich flachen Tauchreviere in Ostdeutschland erfordern ebenfalls keinen besonders hohen Reserveluftvorrat. Diese Erkenntnisse, gepaart mit dem Druck der immer notwendigen Einsparungen von Produktionskapazitäten und Rohstoffen, wird im Ergebnis zur Entwicklung des neuen Pressluft-Brustgewichtes geführt haben. Allein der Verzicht auf eine der zwei 1-Liter-Flaschen erzeugte bei 100 Ausrüstungen ein erhebliches Einsparpotential. Dass nun statt der aufwändig zu fertigenden, breiten Doppelflaschenbrücke das verchromte kleinkonische MEDI-Standard-Druckluftventil ausreichte, brachte nochmal eine ordentliche Ersparnis. Durch eine massive Ausprägung des Gehäuses erreichte man trotzdem das stattliche Gewicht von 15,8 kg und hatte somit immer noch genug Gewicht am Taucher zu hängen. Auch das 13,5-kg-schwere Rückengewicht wurde überarbeitet und angepasst. Bild B13 Das Rückengewicht zum MEDI 721 wurde für 721-1 und 721-2 verwendet, ©U. Barthel Sehr sinnvoll und clever ist die Befestigung der Messingkarabiner an den neuen Brust- und Rückengewichten. Die Ringe, welche die Messingkarabiner mit dem Gewicht verbinden, werden mittels einer starken Messing-Schraube fixiert. Muss ein Karabiner, der immer mal defekt gehen kann, ersetzt werden, so wird einfach die Schlitz-Schraube herausgedreht, ein Ersatzkarabiner samt des Messingrings eingesetzt, zugeschraubt und weiter geht es. Bild B14 Schraube zum Befestigen der Ösen/Karabiner an den MEDI-Gewichten, ©U. Barthel Auch die an der Unterseite von Brust- und Rückengewicht befindlichen Rollschnallen für den Schrittgurt können durch Herausschrauben solcher Schrauben gewechselt werden. Dieses Verbinden von Bauteilen, wie man es sonst vom Schäkel her kennt, funktioniert am MEDI 721 sehr gut. Die Schuhe wurden nur leicht geändert. Die leicht gerundete Hackenform der Schuhe des MEDI 463 erhielt jetzt eine normierte, ordentlich gerade Form. Die Geradlinigkeit einer sozialistischen (UW-) Arbeiterpersönlichkeit, musste wohl bis in die Fußspitzen manifestiert werden ;-). Bild B15 Links MEDI 721, rechts MEDI 463, deutlich zu erkennen die Klemmplatten für den 3. Riemen, ©U. Barthel Auch das Telefon des MEDI 721wurde gründlich aufgewertet. Die klobige, hohe Form des kompakten Telefon-Helmteils der 463er Version ist verschwunden. Die neue Telefon-Helmeinheit sieht nun dem Dräger-Gegenpart plötzlich sehr ähnlich, sie ist aber flacher. Bild B23 Links Telefon-Helmeinheit MEDI 463, rechts MEDI 721, ©U. Barthel Damit die neue Helmeinheit zu Wartungsarbeiten schnell ein bzw. ausgebaut werden kann, erhielt sie einen zylindrischen Messing-Adapterstecker, der (wie bei Dräger) in die Buchse des am Helm angeschlossenen Telefonkabels gesteckt werden kann und dort mit einer Messingschraube gesichert wird. Allein durch dieses Merkmal ist die Helmeinheit äußerlich jetzt relativ einfach zu identifizieren. Zusätzlich zu dem im Telefonkasten enthaltenen bekannten Headset wurde ein Telefonhörer beigelegt. Der Signalmann hatte damit die Möglichkeit, zwischen beiden Varianten zu wählen. Bild B20 Die Telefonanlage MEDI 721, zwischen Handhörer und Headset kann gewählt werden, ©U. Barthel Der Durchmesser der helmseitigen Telefonkabelstecker-Durchführung verringerte sich bei diesem Typ beträchtlich im Durchmesser auf nur noch 22,5 mm. Telefonkabel-Anschluss bzw. Blindverschlussmutter können fortan mit einem Maulschlüssel SW41 verschraubt werden. Wissenswertes über die neue Variante des Tauchermessers und den Messergurt kann wiederum in [08] nachgelesen werden. Als Kälteschutz für dieses Tauchgerät wurde ein gestrickter, dunkelbrauner Overall aus dicker Wolle mitgeliefert. Beim einteiligen Wollanzug passierte es nicht mehr, dass beim Anziehen des Tauchanzuges der Pullover aus den langen, wollenen Unterhosen gezogen wurde. Allerdings wurde damit auch die Nierengegend nur noch von einer, statt bisher zwei Lagen dicker Wolle vor Kälte geschützt. Die angesetzten Socken hatten zwar den Vorteil des leichteren und schnelleren An-/Ausziehen der Ausrüstung, führten jedoch bei nassen Füßen (durch leichte Leckage o.ä.) dazu, dass dann der gesamte Overall gewechselt werden musste. Auch die drei verschiedenen Konfektionsgrößen der dunkelgelben Taucheranzüge aus Köperstoff wurden angepasst (T2). Berichte ehemaliger Militär- und Berufstaucher lassen gerade am Schulterstück des 721/1 kein gutes Haar. Es muss sich, wie beschrieben, sehr unangenehm getragen haben, das Arbeiten damit war beschwerlich und anstrengender als mit den gewohnten Schulterstücken. Da half auch das Tragen des mitgelieferten Schulterpolsters wenig. Nach sehr kurzer Zeit wurde der Stein des Anstoßes, das Schulterstück, nochmals verändert. Es entstand die letzte, endgültige Version des DDR-Taucherhelms. Das Schlauchtauchgerät MEDI 721/2 Bild B18 Der Helm des MEDI 721-2, ©U. Barthel Diese Schlauchtaucher-Ausrüstung in Bild10 ist die am häufigsten produzierte. Der eiförmige Helm, jetzt mit geändertem Schulterstück, ist DAS Markenzeichen für MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen schlechthin. Prinzipielle gravierende Veränderungen am Taucherhelm wurden nicht vorgenommen. Kleinere Verbesserungen erhöhten die Performance und die Sicherheit der Ausrüstung. Um beispielsweise das Auslassventil sehr leichtgängig und sicher zu machen, wurde bei den allerletzten Helmen in die drehbare Ventilkappe des Helmventils eine auswechselbare Buchse eingelassen, die als exakte Führung für den Ventilschaft fungiert. Beide Helmtypen des MEDI 721 haben ein geändertes helmseitiges Pressluft-Brustgewicht-Anschlussgewinde bekommen, natürlich mit neuen Abmessungen, natürlich metrisch und natürlich mit Feingewinde. Nachweisbare weitere kleine Veränderungen, wie z.B. der Versatz der Seitenfenster um wenige Millimeter nach vorn, sind wohl unkomplizierte Anpassungen auf Erfordernisse, Anregungen oder Wünsche der Taucher für den Einsatz. Die wesentliche, tatsächliche Verbesserung liegt in dem neuen Schulterstück. In der damaligen Zeit war es noch möglich, Fehler schnell und unkompliziert zu korrigieren. Nachdem der Unmut über das fehlerbehaftete, unbequeme 721/1er Schulterstück schnell die Runde gemacht hatte und die Kritik daran in die Ohren der Entscheidungsträger drang, wurde kurzerhand eine andere Form dafür konstruiert. Die Vorderseite des Schulterstückes MEDI 721/2 hat nun wieder die Höhe des MEDI 463 bzw. des Dräger-T215. Es liegt flacher an der Brust des Tauchers an. Die Vorderseite läuft markant in spitzer Rundung aus. Der Radius von Vor- und Rückseite unterscheiden sich. Da sich die Entwickler bei der Rückseite des Schulterstücks wiederum nicht für die „Arschform“ entscheiden konnten oder wollten, blieb es jedoch dabei, dass auch dieser Typ Helm nicht alleine stehen kann und auf die Seite fällt. Meist verhindern dann tatsächlich der vorstehenden Messingrahmen und die nun serienmäßig eingebauten Messingdraht-Gitter des Fensters, Clips der Fenstergläser, tiefere Dellen oder Schrammen. In der Tauchpraxis sehr angenehm, macht sich dafür bemerkbar, dass die Form der Rückenpartie des Schulterstücks, nahe am Helm und dicht am Rücken, nach unten geführt wird. Sind Brust- und Rückengewicht nun ordentlich straff durch den Schrittgurt verzurrt, sitzt der Helm sicher und fest auf den Schultern. Durch den geringeren Durchmesser des eiförmigen Helms gelangt der Taucher zudem besser mit dem Kopf an den Teller des Auslassventils und an die Ohrmuschel der Telefon-Helmeinheit. Dass die Ösen zum Einhängen der Gewichte auf dem Schulterstück in einem sehr ungünstigen Winkel angebracht sind, macht leider das Ein- und Aushängen von Brust- und Rückengewicht manchmal nicht ganz einfach. Bild B22 Die Taucherschuhe MEDI 721 (20,8kg) wurden für 721-1 und 721-2 verwendet, ©U. Barthel Grundsätzlich wurden bei den letzten Chargen der MEDI-STG-Schuhe und -Gewichte in steingrau ausgeliefert. Man verwendete dafür dieselbe Farbe wie für die Stahlhelme der NVA. Die STG-463- und STG-721/1-Helme sind innen elfenbeinweiß gestrichen/gespritzt, der STG-721/2 im typischen hellen steingrau. Die Außenseite der Kupferhelme wurde durch eine Schutzschicht aus Zaponlack geschützt. Einige wenige Helme sind außen mit weißem Schutzlack versehen worden. Diese Schutzschicht hatte aber bei weitem nicht die Qualität der Schutzbeschichtung der weißen Dräger-Helme. Das MEDI 721/2-Equipment wurde nur noch mit 15-m-langen, schwarzen Schläuchen ausgeliefert. Da die MEDI 734 (63017)-Taucherhebelpumpe nur bis zu einer Tauchtiefe bis maximal 20 m zulässig war und sowieso ab 10-12 m Tauchtiefe parallel geschaltet werden sollte/musste, wurden verschiedene Druckluft-Verteilertafeln konstruiert und gebaut. Bild B19 Die Taucher-Automatentafel MEDI 731 für die Luftversorgung von 2 Tauchern, ©U. Barthel Typ MEDI 731 [09] war eine gewöhnliche Taucherluft-Versorgungsanlage für zwei Taucher mit einem Umschaltventil. Die Taucher-Versorgungsanlage MEDI 732 konnte drei Taucher versorgen und verfügte über zwei Ventile zum Umschalten von Speicherflaschen auf Taucherpumpe. Die Luftversorgungsanlage MEDI 733 war wiederum für zwei Taucher ausgelegt. Die darin verbauten Taucherautomaten verfügten jedoch über zwei Anschlüsse und ein Absperrventil. Alle genannten Anlagen wurden im Zeitraum von 1953 bis 1969 konstruiert und in minimalen Stückzahlen produziert. Da sie bei Ersatz oder Neuanschaffung gnadenlos der Verschrottung zum Opfer fielen, gelten die wenigen noch existierenden Stücke unter Sammlern als absolute Pretiosen mit sehr hohem Sammlerwert. Weitere Änderungen gegenüber dem MEDI 721/1 gibt es nicht. MEDI hat mit der Version 721/2 den Zenit der ostdeutschen Konstruktion und Produktion von schlauchgestützten Helmtauchgeräten erreicht. Anerkennend muss man sagen, dass sich die Qualität der Helme von den ersten 463er bis zu den letzten 721/2er Helmen sehr verbessert hatte. Die produktionsbedingte Maßhaltigkeit der einzelnen Bauteile, die Oberflächenverarbeitung und Behandlung, Lötstellen, Nähte der Anzüge usw. sind zuletzt in einer exzellenten Ausführung erfolgt. Wenn man die Geschichte und Entwicklung der MEDI-Helmtaucherausrüstung verfolgt, wird klar, dass es ziemlich schnell gelungen war, einen akzeptablen Taucherhelm und das weitere notwendige Zubehör zu entwickeln und sich so theoretisch von Importen von den Dräger-Werken unabhängig zu machen. Die jetzt endgültige Form von Helm und Schulterstück fand nun auch größtenteils die Akzeptanz der Taucher. Weitere Veränderungen an dieser Ausrüstung waren nicht mehr möglich. Die Entwickler, Konstrukteure und Arbeiter von MEDI waren schon mit anderen Projekten betraut worden. Wie aber sah die Realität im praktischen Tauchbetrieb jener ersten Jahre aus? Helmanschlüsse für die Pressluft-Brustgewichte, die kurzen Helmschläuche sowie Telefonleitungen waren untereinander nicht kompatibel. Einzig die langen Luftschläuche bis zum Anschluss an das Winkelstück des kurzen Helmschlauchs konnten untereinander getauscht werden. In den ersten Jahren sorgten nun unterschiedlichste Ausrüstungsteile von Dräger, MEDI 463, MEDI 721/1 und MEDI 721/2 stellenweise für ein Chaos in der Taucherlast. Diverse Helm- und Pressluft-Brustgewichtschläuche, Adapter, unterschiedliche Muttern für die Bolzen der Helmflansche, Telefonkabel mit nicht kompatiblen Anschlüssen und Frontfenster mit verschiedenen Gewinden waren Grund für Ärger, Nichteinsatzfähigkeit, Ausfälle oder zumindest hohe Zeitverzögerungen. In den militärischen Einheiten wurden daraufhin rigoros ganze STG-Sätze ausgetauscht und gegen einheitliche Ausrüstungen ersetzt. Durch Mangelwirtschaft und unzureichenden Nachlieferung kam jedoch ein großer Teil der auszumusternden Ausrüstung, statt konsequenter Weise in die Verschrottung, erst einmal und vorsichtshalber in rückwärtige Materialdepots und Arsenale und wurde dort langzeitkonserviert (ein großes Glück für Tauchhistoriker und Sammler von Taucherhelmen). Der Autor hat selbst erlebt, dass in der Truppe die MEDI STG 721/2 benutzt wurden, während in der Staatsreserve noch die MEDI 463 STG auf ihren großen Einsatz warteten. Bild B25 NVA-Pioniertaucher-Gruppe mit komplettem MEDI 721-2-Schlauchtauchgerät Mitte der 70er Jahre, Fotoarchiv von Ulf Barthel Insgesamt war es den MEDI-Angehörigen tatsächlich gelungen, in relativ kurzer Zeit eine brauchbare Helmtaucherausrüstung zu produzieren. Bis zum Ende der DDR 1989 wurde diese Helmtaucherausrüstung nun von Militär- und Industrietauchern genutzt. Über die Anzahl der ausgelieferten Ausrüstungen gibt es unterschiedliche Meinungen/Aussagen. Die Zahlen variieren zwischen minimal 150 und maximal 250 Stück. Die Verifizierung der Herstellung von maximal 30-40 Stück Helmen MEDI 468 und einer ungefähren Menge von 150 Stück MEDI 721/1 & 721/2 (in Summe) [01] ist auf Grund der gar nicht bzw. nur fragmentarisch erhaltenen Produktionszahlen-Nachweise von MEDI zurzeit nicht möglich. Obwohl bisher kein Helm mit einer Nummer über 250 nachgewiesen werden konnte, ist eine Produktionsmenge von ca. 200 Stück als realistisch zu betrachten. Die Nummerierung auf den Helmen darf jedoch keinesfalls als Anzeiger für die Produktionsstückzahl verwendet werden. Sie entsprechen in keiner Weise den Produktionszahlen und spiegeln weder die tatsächlichen Einsatzmengen noch die Verfügbarkeitsmenge in den militärischen Verbänden wider. Diese Nummern wurden ausschließlich im militärischen Einsatz verwendet und dienten in erster Linie dem Nachweis der durchgeführten Wartungs-/Inspektionsarbeiten der Einsatzhelme [04]. Die Nummerierungen von Helmen sind unlogisch vergeben worden. Eine komplette Ausrüstung MEDI 721/2, die sich der Autor direkt aus Militärbestand beschaffen konnte, wies im damaligen, unbenutzten Zustand z.B. keine Nummerierung auf. Weitere MEDI 721/2 ohne Nummerierung aus dem Bestand der Volksmarine sind bekannt. Im Zuge von Austausch (z.B. Tausch von 721/1er gegen 721/2-Schulterstücke), Ausmusterungen bzw. Teil-Instandsetzungen, wurden im Alltag immer wieder Helme und Schulterstücke untereinander ausgewechselt. Nach [03] haben MEDI-STG, die im Bestand der VEB Bagger-, Bugsier- und Bergungsreederei Rostock angeschafft wurden, keine Nummerierungen bei Übernahme gehabt. Sammler, die Helme mit den begehrten gleichen Nummern auf Helm und Schulterstück besitzen, wissen daher um die Wertsteigerung solcher Helme, die allein auf dieser Tatsache beruht. Auf Grund der Befürchtung, dass Helmtaucherausrüstungen eventuell zur Republikflucht genutzt werden konnten, mussten ausgemusterte Taucherhelme spätestens ab Anfang der 70er Jahre unbrauchbar gemacht werden. In der Praxis wurden dazu mit der Spitze eines Zimmermann-Hammers alle Scheiben und der Helm mehrfach durchlöchert, natürlich erst, nachdem alle demontierfähigen, brauchbaren Ersatzteile entfernt worden waren [03]. Wie schön, dass einigen Helmen dieses unwürdige Ende erspart blieb und sie stattdessen, wie auch immer, den Besitzer wechselten, um forthin, liebevoll gehegt und gepflegt, ihr Dasein bei einem pensionierten Berufstaucher, Tauchenthusiasten oder Helmsammler zu fristen. Obwohl die MEDI-721-Geräte im Jahr 1965 eine neue Teile-Nummer bekamen (jetzt MEDI-61001), wurde die Produktion im Jahr 1969 eingestellt. Das erklärt sich unter anderem durch die Veränderung im Bereich der Tauchtechnik. Die schweren Helmtauchgeräte wurden auch in der DDR immer mehr von leichten schlauchgestützten Tauchgeräten bzw. autonomen Pressluft-Tauchgeräten, KV-Anzügen und Vollgesichtsmasken abgelöst. Durch die sich schnell verändernde Tauchtechnik wurde der grundsätzliche Bedarf an Helmtauchertechnik in der DDR jedoch in keiner Weise sofort bedeutungslos. So wurde beispielsweise in den Produktionsvorschlag für den Zeitraum 1966-1970 immerhin noch ein Produktionsvolumen von 400 (!) MEDI 721/2 bzw. dessen Nachfolgeentwicklung aufgenommen [09]. Auch wenn die sozialistischen Planer hier einen unrealistisch hohen Bedarf angemeldet haben, um dann im Endeffekt wenigstes tatsächlich Material und Arbeitskapazitäten für 25%-30% dieser Menge (also 100-120 STG) zu erhalten [01], spricht das für eine vorhandene Nachfrage. Natürlich wurde, immer mit einem Auge über den Zaun (in diesem Fall wohl eher die Mauer) schauend, wahrgenommen, dass in den USA und auch bei Dräger an der Entwicklung leichter Taucherhelmen aus Kunststoff gearbeitet wurde. Es ist bestätigt, dass bei MEDI Leipzig 1967 mit der Planung und 1968 mit dem Bau von Taucherhelmen aus Kunststoff (GFK/Epoxidharz) begonnen werden sollte. Das war eine logische Entwicklung, denn in der DDR, dem „Land der Plaste und Elaste“, wurde in diesen Jahren sehr viel versucht, um mit Kunststoffen und Produkten daraus am Weltmarkt wettbewerbsfähig zu werden. 1969 hat man bei MEDI tatsächlich mit der Entwicklung von GFK-Taucherhelmen begonnen, diese jedoch kurz darauf abrupt auf Staatsanweisung eingestellt. Vermutlich wird wiederum die Unwirtschaftlichkeit der großen Bindung von Ingenieursleistung, Arbeitskräften, Material und Produktionskapazitäten für eine minimale Stückzahl an Plaste-Taucherhelmen dafür den Ausschlag gegeben haben. Auf Grund der weltweiten Entwicklung wurde jedoch gerade von Seiten des Militärs und der Sicherheitsorgane, aber auch der Forschung, immer wieder auf die Beschaffung neuer, moderner Helmtauchertechnik gedrängt. Im Rahmen der Militär-Kooperation der Staaten des Warschauer Vertrages wurde Anfang der 80er Jahre die damalige CSSR mit der Entwicklung einer neuen Generation Helmtaucher-Ausrüstungen beauftragt. Die dort entwickelten schlauchgestützten Taucherausrüstungen mit Kunststoff- Taucherhelmen sollten den gesamten Bedarf des SW (sozialistisches Wirtschaftsgebiet) absichern. 1989 erhielt dann die NVA auch die ersten tschechoslowakischen SPP-50-Helmtaucherausrüstungen. Kurze Tests durch Dienststellen der NVA erwiesen aber schnell eine massive Praxisuntauglichkeit. Durch die einsetzenden politischen und militärischen Veränderungen musste sich damit jedoch niemand mehr über oder unter Wasser groß auseinandersetzen. Mit Auflösung der DDR am 30.09.1989 endet die kurze aber interessante Geschichte der ostdeutschen Taucherhelme. Man kann darüber streiten, ob durch MEDI nun im Zeitraum von 1954 bis 1969 drei oder zwei Typen Schlauchtauchgeräte und eine davon in zwei Varianten hergestellt worden ist. Richtig ist, dass es nur zwei verschiedene Artikelnummern, 463 und 721 (61001) gibt. Zu einer tatsächlichen Variantenunterscheidung durch Artikelnummer, wie bei den ersten Drucklufttauchgeräten MEDI 713 und MEDI 713A, ist es nicht gekommen. Die Darstellung der drei Varianten dient vordergründig der sowieso schon vorhandenen prinzipiellen Unterscheidung dieser DDR-Schlauchtauchgeräte durch Tauchtechnik-Experten und Tauchhistoriker. Die äußerlich stark auffallende Änderung der Form des Schulterstücks und die damit einhergehenden Funktionsunterschiede im Gebrauch, sowie eine nicht unerhebliche Anzahl von angefertigten MEDI 721/1, rechtfertigen daher die in diesem Beitrag aufgezeigte Untergliederung in drei Typen. Bild B26 Autor mit kompletter MEDI 721/2 Anfang 1993 im Tauchturm der Marinetaucher in Stralsund/Dänholm, Foto: Ansgar Kompaß Alle mit ©U. Barthel gekennzeichneten Bilder sind Eigentum des Autors. Sie dürfen nur mit seiner Zustimmung anderweitig, egal in welcher Form, gezeigt werden. Quellen: [01] Pelz, Hans, Ltr. der Versuchswerkstatt MEDI Leipzig, diverse Interviews [02] Michaelis, Ulrich, Militär- u. Berufstaucher, Interview [03] Reichert, Jürgen, Tauchermeister BBB-Rostock, Interview [04] Schulz, Otto, Oberstleutnant i.R., stv. Leiter Tauchdienst TLE-40, Interview [05] Winkler, Hermann, Forschungstaucher Institut Hochseefischerei Rostock, Interview [06] Kasernierte Volkspolizei der DDR, Dienstvorschrift DV45-9 1954 [07] Dräger Werke Lübeck, handschriftliche Helmnummern-/Lieferliste [08] Barthel, Ulf, Tauchermesser der Organe der DDR 2, Tauchhistorie 7/2017, S.62 [09] Barthel, Ulf, Sächsisches Staatsarchiv / www.altes.tauchen.seveke.de, eigene Recherchen [10] Seveke, Lothar, MEDI - eine (ost)deutsche Geschichte, Tauchgeschichte Spezial 1/2014, S. 23 [11] Wesenigk, H., Schutz-, Rettungs- und Taucherwesen Teil II, 1966