Auf den Spuren des MEDI 713 in der Tschechoslowakischen Republik Autor: Dušan Šuráni (Übersetzung aus dem Tschechischen, Original-Artikel unter www.htg-th.eu/th4/m713.pdf) Es ist einzigartig und hat etwas Besonderes... Obwohl es sich jetzt unter einer imaginären Staubschicht verbirgt, erntet es weiter große Bewunderung aller Insider. Lernen Sie es kennen, dieses erste in der Tschechoslowakischen Republik eingesetzte industriell produzierte Presslufttauchgerät Medi 713, bei uns damals in der CSSR "Medina" genannt (CSR - Tschechoslowakische Republik (1948–1960), danach CSSR, S für sozialistisch). Das Licht der Welt hat es in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in der damaligen DDR erblickt, genauer im VEB Medizintechnik in Leipzig [Sev1]. Bald darauf war das Phänomen „Medina" auch bei uns in der Tschechoslowakei angekommen und wurde in den sich gerade gründenden Sporttaucher-Clubs und im Rahmen der SVAZARM (Svaz pro spolupráci s armádou - Verband für Zusammenarbeit mit der Armee) genutzt. Wie hat eigentlich die Geschichte des Gerätes in der CSSR begonnen? Die Anfänge des Sporttauchens In den Jahren 1955-58 entstanden erste Tauchgruppen und Clubs im Land, es gab aber keine tschechoslowakische Industrieproduktion von Tauchausrüstungen. Der heimische Markt bot damals keine Tauchregler, Sauerstoffgeräte oder Presslufttauchgeräte mit offenem Kreislauf an, die zum Sporttauchen geeignet gewesen wären. Deshalb bastelten einige Enthusiasten in diesen ersten Tauchgruppen sich selbst verschiedene „technische Ausrüstungen" und Regler, die es ihnen zumindest für eine kurze Verweilzeit ermöglichten, unter die Oberfläche von Seen, gefluteten Steinbrüchen und Flüssen zu sehen. Zweischlauchregler aus Flugzeug-Sauerstoffreglern KP-14 (KP-18), z.B. aus dem Düsenjäger MIG-15, Einschlauchregler in Gehäusen von Autohupen (auch dort wurden Flugzeugregler genutzt) - das alles kam aus ihren bemerkenswerten „Werkstätten" [SeSu1]. Erst 1958 wurden auf Weisung des Zentralkomitees der SVAZARM die ersten Taucher zu einem Kurs in die DDR geschickt. Vladimír Král aus Karlovy Vary erinnert sich, dass Dipl.-Ing. Jaroslav Dvo?ák aus Prag, Viktor Zají?ek aus M?lník, Dr. med. Karol Macoun aus Prag und Kpt. Stanislav T?šinský von der Pioniertruppe des Volksverteidigungsministeriums für den Tauchkurs ausgewählt wurden. Diese Männer sind dann mit der Berechtigung zum Tauchen mit einem Presslufttauchgerät zurückgekommen, die die GST (Gesellschaft für Sport und Technik der DDR) erteilt hatte. Danach hat Vladimír Král im September 1958 im Leipziger VEB Medizintechnik an einer Schulung zum Sauerstoff-Kreislaufgerät Medi-Nixe teilgenommen. Im folgenden Jahr kamen dann zehn Medi 713 und fünf Geräte Medi-Nixe über die Grenze zu uns. So waren die ersten industriell hergestellten Tauchgeräte da und konnten in Tauchklubs und Tauchgruppen eingesetzt werden. Tschechoslowakische Geschichte der „Medina" Nun verbreiteten sich die Tauchgeräte schlagartig. Noch im Jahre 1959 wurde in Mšeno bei M?lník ein erster Tauchkurs für Tauchausbilder organisiert, an dem zwanzig Auszubildende aus der ganzen Republik teilnahmen - die Brüder Beránek, Milan K?íž aus Ostrava, Bohuslav Zíka aus Pilsen, Vladimír Král aus Karlovy Vary, Josef Mergl, Václav Rott aus Prag und andere, die heute Legenden und Zeitzeugen des tschechoslowakischen Tauchens sind. Es fehlte nicht einmal ein Oberstleutnant Gazdík, damals der Sekretär die Tauchsektion des Zentralkomitees der SVAZARM. Bei diesem Tauchkurs wurden natürlich Presslufttauchgeräte Medi 713 eingesetzt, und sie wurden so zu Leitgeräten für das organisierte Tauchen. 1960 hat die SVAZARM aus der DDR weitere etwa hundert Medi 713 eingekauft (die genau Anzahl ist heute nicht mehr feststellbar) und zehn Sauerstoff-Kreislaufgeräte Medi-Nixe. Diese Geräte wurden schrittweise an die entstehenden Tauchklubs und Tauchgruppen der SVAZARM abgegeben. Aus verschiedenen Bezirken nahmen weitere 25 Interessenten an einem nächsten Tauchkurs teil, der an einem gefluteten Steinbruch bei H?ím?ždice stattfand. Ähnliche Tauchkurse führte man dann auch an anderen Orten durch. An die Tauchklubs und Gruppen, in die die Absolventen der Kurse gingen, wurden ein oder zwei Presslufttauchgeräte Medi 713 vergeben. Nachweislich haben sich über die Medi 713 die Mitglieder des Prager Tauchklubs, die Sporttaucher in ?eské Bud?jovice, Písek und T?ebo? gefreut. Ein oder zwei Geräte kamen in die Slowakei nach Tren?ín. Ich habe selbst 1961 mit dem Tauchen in Šurany in der Slowakei begonnen, aber zu der Zeit habe ich vom Medi 713 nichts gewusst. Erst später, als ich ein Heft der DDR-Zeitschrift Poseidon in die Hände bekam, habe ich gelesen, dass ein solches Gerät existiert. Die Nutzung der Medi 713 war in den Tauchergruppen der SVAZARM ziemlich umkämpft. Der Gründer des Tauchklubs Neptun in Ceské Budejovice und einer der ersten Tauchlehrer in Südböhmen, Vlastimil Blažek, erzählte auch davon. „Zehn Taucher teilten sich ein Gerät", erinnerte er sich. „Wenn sie Ausbildung in der Schwimmhalle gemacht haben, musste der Taucher nach wenigen Minuten schon wieder auftauchen, da schon der nächste Schüler auf das Gerät wartete.“ Auch daraus ist zu hören, dass es wohl eher eine Tauchertaufe als eine Ausbildung war. Man könnte auch mal darüber reden, dass das Tauchen mit dem "Medina" immer sicher war. Warum? Das Pressluft-Manometer war direkt am Regler angebracht, man konnte es also nur paarweise gegenseitig kontrollieren. Das einzigartige Tauchgerät Halten wir uns einen Moment bei den technischen Parametern auf. Das Tauchgerät Medi 713 ist von dieser Seite her ein wirkliches Unikat - einerseits deshalb, weil der Regler mit dem Tragegestell fest verbunden ist, und andererseits, weil die Flaschen zum Füllen abgeschraubt werden müssen. Bei anderen Pressluft-Tauchgeräten (z.B. russischer oder später tschechoslowakischer Produktion wie PL-40) kann man die Flaschen über einen separaten Anschluss füllen. Die Stahlflaschen werden an die Hochdruck-Verbindung mit dem Lungenautomaten und dem Manometer geschraubt. An der Rohrkonstruktion und dem Reglergehäuse waren Gurte für das Tragen und die Befestigung am Taucher angebracht. Es gab mehrere Prototypen des Gerätes, bei denen sich jeweils immer etwas verbesserte. Im Mundstück der ersten Ausführung des Modells 713 waren noch keine Richtungsventile. Das Atmen unter Wasser war damit ziemlich erschwert - beim Atmen mit einem Partner aus einem Gerät zur Lösung einer Krisensituation lief Wasser in die Schläuche. Daher wurde in die Einatmungsseite des Mundstücks ein Ventil eingebaut. Die Konstruktion und der Austausch eines verschlissenen Ventils waren kompliziert (Anmerk. d. Redakt.: Es ist ungeklärt, ob das noch im alten Mundstück erfolgte oder erst in dem des 713A.). Seit 1960 wurde das Modell 713A hergestellt. Dafür hat man das Tragegestell stark überarbeitet, vor allem im unteren Teil. Die Konstruktion des ganzen Mundstücks war auch einfacher, sodass man ein verschlissenes Ventil leicht austauschen konnte. Der zugelassene Flaschenfülldruck wurde zum Modell 713 A von 150 bar auf 200 bar erhöht. Die maximale Tauchtiefe blieb auch bei diesem neuem Model Geräte 713A 15 m. Im Jahre 1965 wurde die Herstellung des Medi713A beendet. Zum Gerät wurde eine Tragetasche geliefert, die außer dem Pressluft-Tauchgerät folgendes enthielt: Schwimmflossen, eine Tauchmaske mit Nasenklemme, eine Pressluft-Umfüllarmatur, ein Schraubenschlüssel SW 32, Dichtringe und die Bedienungsanleitung. Das Gerät ist mit einem einstufigen, gegen den Druck dichtenden Regler ausgestattet (upstream). Auch das macht ihn besonders, denn die üblichen einstufigen Regler (nach dem Modell des französischen „Mistral") oder die ersten Stufen zweistufiger Zweischlauchregler dichteten meist mit dem Druck (downstream). Medi 713 und 713A gab es in den Farben grau, Hammerschlag grün und matt verchromt, je nach "Kundenwunsch". Der Dezember-Ausgabe 1962 der Zeitschrift "Arbeiter der SVAZARM" (Pracovník Svazarmu) zufolge hat man das Gerät bei uns für 1.800 KC (etwa 600 Mark der DDR) verkauft. Schema des Pressluft-Tauchgerätes „Medi 713“ aus [KliKü1]: Bild 11 1. Regler, 2. Stahlflasche, 3. Einatemschlauch, 4. Ventilstück, 5. Mundstück, 6. Ausatemschlauch, 7. Flaschenventil, 8. Tragegestell, 9. Manometer, 10. Anschluss-Schraube, 11. Tragegurt, 12. Haltegurt, 13. Leibgurt, Gewicht: Gewicht des Gerätes ohne Flaschen: 3,5 kg Gewicht des Gerätes mit gefüllten Flaschen: 11,7 kg Gewicht des kompletten Gerätes mit Tragetasche und allen Zubehör: 14,0 kg Das Zahlenspiel Und wie es ist mit den Seriennummern der einzelnen Modelle des „Medina", in denen Lücken und Wiederholungen sind - ein Rätsel? Nein, die Erklärung ist letztendlich ganz einfach... Zwischen den einzelne Prototypen des Presslufttauchgerätes gab es bei der Herstellung die Nullserien. Die Seriennummern wurden wieder neu vergeben und einige Serien wurden sogar niemals hergestellt. Nach Schätzungen wurden etwa 900 Geräte 713/713A ausgeliefert. Eines der letzten produzierten Geräte hatte allerdings die Seriennummer 1357. Das Modell 713 wurde bis 1959 gebaut. Davon produzierte man etwa 210 Stück. Im folgenden Jahr hat die Herstellung des Modells 713A begonnen, die bis 1965 lief. Bis 1968 wurden noch Geräte ausgeliefert, die allerdings aus Lagerbeständen kamen. Bewachtes „Juwel" Jetzt in der Tschechischen Republik ein Gerät „Medina" zu bekommen, ist ziemlich unmöglich. Nur einige Liebhaber alter Tauchertechnik bewachen in ihren Sammlungen ein MEDI 713 oder Teile davon, also den eigentlichen Regler, ein Tragegestell mit den Flaschen oder das ganze Presslufttauchgerät. Die Sammlung des Nationalen Technikmuseums hat ein komplettes Presslufttauchgerät MEDI 713. In den Jahren 1962 bis 1963 ist das Gerät langsam in Vergessenheit geraten, da es durch das Pressluft-Tauchgerät Rekord mit dem Regler AV-1, später AV-2 ersetzt wurde. Das ist aber schon eine andere Geschichte... Nachwort des Autors So ein Pressluft-Tauchgerät Medi 713 wollte ich gern in meiner Sammlung haben, auch, um mit ihm zu tauchen. Aber selbst Dokumentationen oder Bilder waren 55 Jahre nach seiner „Geburt" schwer zu finden, nicht nur bei uns, auch in Deutschland. Ich habe mich an einige deutsche Freunde gewandt, hiesige Zeitzeugen gesucht und Dutzende E-Mails geschrieben, in denen ich um Informationen zu dem Gerät gebeten habe. Nach mühsamen Nachforschungen ist es mir schließlich gelungen, ein „Medina" von einem Sammler in Deutschland zu bekommen, vollständig und in gutem Zustand. Eine kleine Überholung hat gereicht und nach mehr als einem halben Jahrhundert seiner Existenz war es voll funktionsfähig. Zum ersten Mal konnte ich das MEDI 713 in offenem Wasser bei einem gemeinsamen Tauchen mit Jarda Klepal in einem gefluteten Steinbruch Bozená Hora bei Sedljany ausprobieren. Es goss wie aus Kannen, aber das konnte uns von der Wiederbelebung der Vergangenheit nicht abschrecken. Jarda nahm eine 7-l-Flasche mit einem Saturn, einem alten Regler aus tschechoslowakischer Herstellung, ich das Tauchgerät Medi 713, und ab ging es in das Wasser. Ich erwartete, dass das Atmen unter Wasser leichter würde. Aber den Regler des Gerätes ist nicht mit einem Injektor zur Reduzierung des Atemwiderstandes ausgestattet. Das Tauchen war ähnlich wie mit den ersten Reglern aus tschechoslowakischen Herstellung. So oder so, ich habe mir einen meiner großen Wunsche erfüllt... Danksagung Jede Information über das Pressluft-Tauchgerät Medi 713 war für mich sehr wertvoll. Deshalb möchte ich den deutschen Freunden Franz Rothbrust aus Neustadt/Wstr., Friedrich Högner aus Ludwigsfelde und Dr.-Ing. Lothar Seveke aus Dresden danken. Vor allem gilt mein Dank den langjährigen Tauchern Vladimír Král aus Karlovy Vary, Dipl. Ing. Josef J. Dvorázek aus Ostrava, Petr Katz aus Sydney, Dipl. Ing. Oldrich Lukš aus Neratovice, Dipl. Ing. Jirí Slabý aus Tábor und Vlastimil Blažek aus Ceské Budejovice, die viel für das Sporttauchen in der Tschechoslowakei getan haben. Literaturnachweis: [Dvo1] Josef J. Dvorázek, Geschichte des Tauchen in Tschechien und der Slowakei (Dejiny potápení v eských zemích a Slovenska), Moravapress, s.r.o., 2013 [Kat1] P. Katz, Potápecské prístroje a automatiky, CD, privates Archiv Katz [KlKü1] Klingbeil/Kühlman, Sporttauchen, Verlag Sport und Technik, Berlin 1958, S. 113 -115 [MEDI1] VEB Medizintechnik Leipzig, Prospekt „Medi Pressluft-Tauchgerät 713“, Leipzig [SeSu1 L. Seveke, D. Šuráni, Saturn - die Zweischlauch-Legende aus der CSSR, Tauchhistorie 04/2015 [Sev1] L. Seveke, Tauchtechnik bei MEDI Leipzig, Tauchhistorie Spezial, 02/2014 Fotografien aus den Archiven des Autors, V. Blažek, J. J. Dvorázek, J. Slabý und Petr Katz. Der Autor Dušan Šuráni wurde 1946 geboren und taucht seit 1961. Er ist Mitglied der Historischen Tauchergesellschaft der Tschechischen Republik. Fünfundzwanzig Jahre lang war er Tauchlehrer und hat sich neuen Tauchern in Klubs in Ceské Budejovice, Tábor und Olomouc gewidmet. Zur Zeit beschäftigt er sich besonders mit Unterwasserfotografie. Er interessiert sich auch für die Tauchgeschichte und Hersteller von alter Tauchtechnik aus der ehemaligen Tschechoslowakei und aus aller Welt. Er ist Sammler von Tauchtechnik, speziell von Tauchreglern. Die gefundenen Informationen editiert er mit sehr guten Technikfotos auf seiner Webseite www.vsc-ds.cz.